Schneewehen türmen sich meterhoch
Stundenlang mussten Autofahrer in ihren Fahrzeugen auf Hilfe warten. Sturm- und Orkanböen sorgten für Ausnahmezustand.
Usedom/ Rügen/ Anklam. Sturmtief "Daisy" hat Autofahrer und Bahnfahrgäste in Vorpommern eiskalt erwischt. Hunderte saßen in der Nacht zu Sonntag in ausgekühlten Fahrzeugen fest. Um 3 Uhr machte sich Kraftfahrzeug-Mechaniker Ronny Schöning von Gützkow auf den Weg nach Grimmen, um eine dringend benötigte Motorsteuerkette abzuliefern.
Wenige Kilometer später endete die Fahrt im Schneechaos. Ein quergestellter Lkw versperrte dem 35-Jährigen an der Auffahrt der Autobahn A 20 den Weg. "Es ging nichts mehr", berichtet er.
Für eine Umkehr war es zu spät. Ronny Schöning setzte einen Notruf ab und kroch bei dem Lasterfahrer in der Fahrerkabine unter. Fast sechs Stunden dauerte es, bis das Technische Hilfswerk (THW) an die Spitze des Staus vordrang und seinen Golf, der bis zur Dachkante im Schnee steckte, mit einer Schneefräse befreite. Zuvor hatte das THW bereits einen Konvoi von 30Autos und 22Lastwagen von einem Parkplatz heruntergeleitet.
Unter den hunderten Autofahrern, die in der Nacht in ihren Fahrzeugen festsaßen, war auch eine junge Mutter mit einem sechs Wochen alten Baby. Die Urlauberin - auf dem Rückweg von der Insel Usedom - und ihr Säugling wurden nach mehreren Stunden in der Kälte unversehrt geborgen.
Der Landkreis Ostvorpommern rief Katastrophenalarm aus. Das Land rief einen Sonder-Führungsstab zusammen, um die Arbeiten der Einsatzkräfte zu bündeln. Vorpommern war nach Einschätzung von Wetterexperten in Deutschland am stärksten von den bitterkalten Wetterkapriolen betroffen.
Weniger die Schneemassen, sondern die enormen Sturm- und Orkanböen sorgten an der Küste zwischen Rügen, Usedom und dem küstennahen Festland für einen Ausnahmezustand. "Über der flachen Ostsee konnte Sturmtief Daisy richtig an Geschwindigkeit gewinnen und von Nordost auf die Küste drücken", sagte Juliane Pestel vom Wetterdienst Meteomedia.
Am Kap Arkona peitschte sich "Daisy" zu Orkanspitzen von 122 Kilometern pro Stunde hoch, am vorpommerschen Festland erreichte das Tief immerhin noch Sturmgeschwindigkeiten von 83km/h. Zum Teil türmten sich Schneewehen bis zu drei Meter hoch wie in Wittow auf Rügen.
Viele Ortschaften waren nicht erreichbar. Zwischen Greifswald und Stralsund sorgte seit Samstagabend ein entgleister Zug für Stillstand auf den Gleisen, die Bundesstraße zwischen den Städten war auch am Sonntag nicht befahrbar.
Auf dem Rügenzubringer bei Miltzow blieben unzählige Autos in meterhohen Schneeverwehungen stecken. Von Sonntagmittag an hatten die Hilfskräfte mit einem weiteren Problem zu tun. Ihnen ging der Kraftstoff aus, die Hilfsfahrzeuge mussten selbst auf Hilfe warten.