Schummlern auf der Spur
Immer mehr Bewerber für lukrative Jobs werden als Lügner überführt. Eine Detektei lebt davon, sie zu enttarnen.
Düsseldorf. Flugs das Diplom der Freundin gescannt, passend gemacht und als eigenes ausgegeben oder ein zweiseitiges Arbeitszeugnis um eine weitere Seite ergänzt — manch ein Bewerber greift tief in die Trickkiste, um seinen Lebenslauf zu schönen. Oft landen diese Fälle auf dem Schreibtisch von Manfred Lotze (68). Er ist Geschäftsführer des Düsseldorfer Detektiv-Instituts Kocks und auf den Tatort Arbeitsplatz spezialisiert. Nach 46 Berufsjahren hat er schon einiges gesehen.
Angefangen von der Schummelei, bei der ein Bewerber etwa angab, ein Team von fünf Mitarbeitern geführt zu haben. Später habe sich herausgestellt, dass darunter allerdings zwei Auszubildende fielen. Aber auch feiste Erfindungen, etwa die komplett gefälschten Diplome, gehören dazu.
Geschummelt und gelogen wird überall, quer durch alle Schichten und Berufsstände. Meist sind es Männer, wie Lotze erklärt. Auch gebe es keine besonders betroffenen Branchen. „Der Wirt ist genauso dabei wie die Anwaltskanzlei, das kleine Unternehmen und die Multiplayer.“
Bei einer Untersuchung, die die Detektei im Jahr 2000 für ein Wirtschaftsmagazin erstellt hat, seien von 5000 untersuchten Bewerbungen 1500 zu beanstanden gewesen, sagt Lotze.
Zuerst nimmt sich Lotze dann die Bewerbungsunterlagen vor. „Ich prüfe alles auf Plausibilität und Logik.“ Bereits in diesem Schritt fallen etliche durch. „Oft reicht es, sich ein Datum anzuschauen. Dass ein Arbeitszeugnis tatsächlich am 1. Mai ausgestellt wurde, ist unwahrscheinlich“, sagt der Detektiv. Ebenfalls auffällig: Urkunden und Bescheinigungen verschiedener Einrichtungen auf Papier mit dem immer gleichen Wasserzeichen.
Verständnis für kleinere oder größere Schummeleien der Bewerber angesichts oft hohen Konkurrenzdrucks hat Manfred Lotze nicht. „Eine Fehlbesetzung kann ein Unternehmen mit neuem Ausschreibungsverfahren schnell sechsstellige Summen kosten“, mahnt er. Und: „Von den Mitarbeitern, die irgendwann mal zum Beispiel durch Sabotage oder Diebstahl straffällig werden, haben 70 Prozent schon bei der Bewerbung geschummelt.“
Manfred Lotze appelliert aber auch an die Verantwortung der Unternehmen. Viele Firmen kämen erst, wenn es schon zu spät sei. In Workshops trainiert die Detektei daher seit 1999 Manager, um sie für das Thema zu sensibilisieren.