„Kalte Dusche“ Scooters geplanter Auftritt auf der Krim löst Wirbel aus
Hamburg/Balaklava (dpa) - Der geplante Auftritt der Technoband Scooter auf der von Russland annektierten Krim spaltet die deutsche Fanszene.
„Scooter wollen auf die Krim? Vor 75 Jahren wären sie wohl auch im besetzten Polen aufgetreten“, schrieb ein User auf der Facebook-Seite der Band - und ein anderer ergänzte: „Einfach ekelhaft. Und an die Toten in diesem Konflikt wird nicht gedacht. Am besten ihr bleibt gleich dort.“ Es gab aber auch Zuspruch: „Lieber Musik an die Krim liefern, als Kampfjets nach Katar.“
Frontmann H.P. Baxxter verteidigte den für den 4. August geplanten Auftritt beim „ZB Festival“ in der Küstenstadt Balaklava (Sewastopol). „Wir haben die Anfrage bekommen und spielen da im Rahmen eines Festivals“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. „Wir sehen das als rein musikalischen Event, wir spielen für unsere Fans.“ Russland hat die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 annektiert - aus Sicht des Westens völkerrechtswidrig.
„Wir wollen und werden uns politisch nicht vereinnahmen lassen“, betonte der in Hamburg lebende 53-jährige Sänger. Scooters Manager Jens Thele zeigte sich überrascht: „Uns war gar nicht bewusst, dass wir uns hier in einen politischen Konflikt hineinbewegen“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Freitag). Die Musik von Scooter („Hyper, Hyper“) sei völlig unpolitisch. „Wir besuchen die Ukraine und Russland seit 1995 und haben dort viele Fans, die sich auf Scooter freuen.“
Für die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zeugt dies von einer naiven Grundhaltung. „Wir fragen uns, wo der nächste Auftritt der Band sein wird? Vielleicht im US-Gefangenenlager Guantanamo?“, sagte GfbV-Direktor Ulrich Delius. In einem Fax an die Band heißt es: „Jedes Konzert auf der Krim ist politisch hoch brisant, auch wenn man sich als Musiker aus der Politik heraushalten will.“ Denn es erwecke den Eindruck von Normalität, die es dort nicht mehr gebe.
Ähnlich deutlich äußerte sich die grüne Europa-Abgeordnete Rebecca Harms: „Die Leute von Scooter sollten wissen, dass Künstler und Bürgerrechtler von der Krim zu jahrzehntelanger Lagerhaft in Sibirien verurteilt wurden“, sagte sie der „Bild“. Die Technoband stelle sich mit ihrem Auftritt auf die Seite des russischen Präsidenten Wladimir Putin, dessen Regierung das Festival auch dazu nutzen wolle, „all die schlimmen Menschenrechtsverletzungen auf der Krim zu übertünchen“.
Ein Auftritt der Band auf der Krim könnte auch juristische Folgen haben. Nach der Annexion hat die Ukraine ihr Strafgesetzbuch um einen Paragrafen für widerrechtliche Ein- und Ausreisen vom „zeitweilig besetzten Territorium“ erweitert. Dieser Paragraf verbietet es, anders als über ukrainisches Gebiet auf die Krim zu reisen. Verstöße in organisierten Gruppen werden demnach mit Freiheitsstrafen zwischen fünf und acht Jahren geahndet. In der Regel verhängt der Geheimdienst Einreisesperren zwischen drei und fünf Jahren.
Zuletzt hatte dies die im Rollstuhl sitzende russische Sängerin Julia Samoilowa zu spüren bekommen. Sie durfte in Kiew nicht am Eurovision Song Contest (ESC) teilnehmen, weil die Ukraine ein Einreiseverbot ausgesprochen hatte. Ihr war ein Auftritt auf der annektierten Krim im Jahr 2015 vorgeworfen worden. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrej Melnyk, kommentierte den geplanten Scooter-Auftritt bei Twitter mit den Worten: „Kalte Dusche für H.P. Baxxter & Scooter wegen geplanten Konzerts auf der Krim.“