Angehörige werden gesucht Seltener U-Boot-Fund aus dem Erstem Weltkrieg

Brügge (dpa) - Ein kleines Messingschild, weniger als zehn Zentimeter groß, könnte einigen deutschen Familien Gewissheit über den Tod ihrer Vorfahren im Ersten Weltkrieg bringen. „UB-29, vorn“, steht darauf.

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Anhand dieses Schildes haben Unterwasserarchäologen ein mehr als 100 Jahre altes deutsches U-Boot identifiziert, das im Sommer an der belgischen Nordseeküste nahe Ostende gefunden wurde. „Das ist ein sehr seltener Fund, vor allem so nah an der Küste“, sagte Rüdiger Lüdeking, der deutsche Botschafter in Belgien, am Dienstag in Brügge.

Die UB-29 galt seit dem 27. November 1916 als verschollen - seit fast genau 101 Jahren liegt das Wrack in 30 Metern Tiefe, inzwischen komplett eingewachsen und mit Sand vollgelaufen. Es soll auf dem Meeresgrund bleiben und dort zum Seemannsgrab werden - nicht nur, weil ein Anheben technisch schwierig wäre. „Es ist auch eine gute Tradition, dass Seeleute in diesen Fällen dort verbleiben, wo sie sind“, sagte Lüdeking. Damit die Totenruhe nicht gestört wird, soll um den Ort eine geschützte Zone errichtet werden.

Alte Besatzungslisten aus dem Marine-Archiv in Cuxhaven dokumentieren, dass sich bei der letzten Fahrt der UB-29 damals 22 und nicht wie zunächst vermutet 23 Besatzungsmitglieder an Bord befanden, wie Carl Decaluwé, der Gouverneur von Westflandern, erklärte. Aus welchen Teilen Deutschlands die Besatzung stammte, ist unklar. Nach der Identifikation des Bootes sollen nun aber auch die Identität der Opfer geklärt und deren Nachfahren informiert werden. „Ich hoffe, dass wir alle Familien finden werden“, sagte Lüdeking.

Mit beeindruckenden Unterwasseraufnahmen dokumentierten die Archäologen um Tomas Termote bei insgesamt sechs Tauchgängen ihre Beobachtungen. Anhand der Maße - 36 Meter lang, vier Meter breit - wurde schnell klar, dass es sich um ein Modell der U-Boot-Klasse UB II handelte. Diese wurden hauptsächlich in der Nähe der Küsten eingesetzt.

„Ich bin absolut begeistert über das Ergebnis, das wir haben“, sagte Termote. Gerade gegen Ende der Tauchgänge sei es nicht mehr nötig gewesen, all zu nah an das Relikt aus dem Ersten Weltkrieg heranzutauchen. In das vollgelaufene und verschlossene Wrack konnte das Forschungsteam ohnehin nicht blicken.

Der Badeort Ostende war zwischen 1914 und 1918 umkämpfter Kriegsschauplatz. Die Flotte des deutschen Kaiserreichs führte von Flandern aus ihren U-Boot-Krieg unter anderem gegen britische Schiffe. Die Kriegsgegner der Deutschen legten ihrerseits Minen vor die belgische Küste. Eine dieser Bomben mit bis zu 1000 Kilogramm Sprengstoff wurde dem identifizierten U-Boot mutmaßlich zum Verhängnis, wie Gouverneur Decaluwé erklärte. Das Wrack wurde im Juni entdeckt. Im September machten die Behörden dies öffentlich und ließen das Boot untersuchen.