Sessel geworfen: Funfjähriger wird wohl nie wieder ganz gesund

Vor einem Jahr wurde ein kleiner Junge aus Bochum fast von einem Sessel erschlagen. Vor Gericht fordern seine Eltern nun Gerechtigkeit und Schmerzensgeld.

Justizia.

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Bochum (dpa). Der Sessel kam aus zehn Metern Höhe und traf den kleinen Mussa direkt auf den Kopf. Es war das schreckliche Ende einer gedankenlosen Entrümpelungsaktion, die seit Donnerstag das Bochumer Landgericht beschäftigt. Der fünfjährige Junge erlitt schwerste Kopfverletzungen und wird wahrscheinlich nie wieder ganz gesund. Zum Prozessauftakt war sein Vater noch immer voller Wut und Trauer: „Mein Sohn ist gelähmt, unser ganzes Leben ist kaputt“, sagte er auf dem Gerichtsflur.

Die Staatsanwaltschaft hat vier Personen angeklagt. Der Vorwurf lautet auf fahrlässige Körperverletzung. Der Hauptangeklagte ist ein 24-jähriger Arbeiter, der den Sessel damals aus einem Fenster geworfen hat. Dass unten auf der Straße der kleine Mussa spielte, hat er zu spät gesehen. „Ich habe den Sessel auf die Fensterkante gehoben und runterfallen lassen - dann kam das Kind“, sagte er zum Prozessauftakt. Er habe noch geschrieen, aber das schreckliche Unglück sei nicht mehr zu verhindern gewesen. „Danach hat sich das Kind nicht mehr bewegt. Da war überall Blut.“

Mussa hatte zehn Tage im Koma gelegen, ist immer wieder operiert worden. Seine linke Hand und seinen linken Fuß kann er noch immer nicht richtig einsetzen. „Er stürzt viel“, sagte sein Vater am Rande des Prozesses. Manchmal könne sein Sohn auch nicht einschlafen. „Dann lassen wir das Licht an, damit er keine Angst hat.“ Einmal soll der Fünfjährige auch schon zu einem Messer gegriffen haben, um sich aus Verzweiflung die linke, teilweise gelähmte Hand abzuschneiden. Seine Mutter war gerade noch dazwischen gegangen.

Neben dem Sesselwerfer sind auch noch ein weiterer Arbeiter, der Hausbesitzer und dessen Ehefrau angeklagt. Der Hausbesitzer soll laut Anklage die Anweisung gegeben haben, schwere Möbelstücke ruhig aus dem Fenster zu werfen. Das wird nach Angaben seines Verteidigers jedoch bestritten. Der andere Arbeiter habe die Straße sichern sollen und angeblich auch grünes Licht gegeben.

Der Fünfjährige war am ersten Verhandlungstag mit ins Gericht gekommen. Er tobte mit seiner kleinen Schwester über Flure und Treppen. Seit Ende vergangenen Jahres geht er wieder in den Kindergarten. „Mir geht es gut“, sagte er leise. Die Ärzte sagen da allerdings etwas ganz anderes. Sie halten laut Anklage auch dauerhaft kognitive Einschränkungen für wahrscheinlich.

Die Eltern des kleinen Mussa fordern neben einer Bestrafung auch mindestens 130.000 Euro Schmerzensgeld. Auch darüber sollen die Bochumer Richter entscheiden. Mit den Urteilen ist Ende des Monats zu rechnen.