Ski mit einem Herzen aus Holz
Im Tiroler Ladis baut Sebastian Strobl feine Bretter aus Zirbe und trifft den Nerv individueller Wintersportler. Ein Blick in die Werkstatt.
Ladis. In Tonis Schnitzstube riecht es heimelig nach Holz und Harz. In den Regalen türmt sich traditionelles Tiroler Kunsthandwerk. Auch in der Werkstatt dahinter sieht es so aus, wie man es von einer Schreinerei in den Bergen erwartet. Urig. Doch etwas fällt aus dem Rahmen: der Bildschirm-Arbeitsplatz, daneben die computergesteuerte Präzisionsfräse aus dem Modellbau. Vor dem Monitor hockt ein junger Mann mit Stirnband und Cargohose und brütet über Dinge, die er mit „Shape“ oder „Style“ beschreibt — was auch nicht so recht in Tonis Schnitzstube passen will.
Sebastian Strobl, den alle nur „Sebi“ nennen, verbindet in der Werkstatt seines Vaters Tradition mit Moderne. Heraus kommt dabei ein handgefertigter Ski mit einem Herzen aus Holz, überwiegend aus Zirbenholz, was außer ihm sonst keiner macht. Seine „Ziarmrocker“ sind Originale. Und heiß begehrt. „Meine Ski“, sagt der 28-Jährige, „kommen nicht aus China, und das Holz dafür wächst praktisch hinterm Haus.“ Das ist seine Definition von Nachhaltigkeit.
Der gelernte Skibauer kombiniert Natur und Hightech zu maßgeschneiderten Unikaten. Und das — zumindest noch — in exklusiver Stückzahl: 18 Paar baut er im Sommer, in jedem stecken etwa 40 Stunden Handarbeit. Die Bestellungen nimmt er jetzt im Winter entgegen, da arbeitet er in einem Sportgeschäft im österreichischen Serfaus, wo er seine „Ziarmrocker“ seit zwei Jahren neben den Top-Modellen der Serienhersteller präsentieren darf. Sein Chef ist einverstanden, weil viele nur in den Laden kommen, um Strobls Ski anzuschauen. Und bei 18 Paar ist die Konkurrenz wahrlich überschaubar.
Die Idee kam dem Genuss-Skifahrer, als er vor vier Jahren noch am Arlberg Skischuhe verkaufte. Dafür, dachte er sich, wäre eigentlich keine Ausbildung zum Skibauer nötig gewesen. Strobl hatte sich nach der Schule 2004 in Luzern erfolgreich als Lehrling beim Schweizer Hersteller Stöckli beworben. „Da kann man das Handwerk noch lernen. In Österreichs großen Skifabriken bedient man eigentlich nur noch Maschinen.“
Über Jahre reifte der Plan, einen Ski nur für sich selbst zu bauen, einen, der jedem Qualitätsanspruch genügt, der individuell konstruiert ist, was den Radius und die Härte betrifft. Dazu braucht es auch heute noch Holz. „Einen Allround-Carver kannst du komplett aus Kunststoff machen, einen qualitativ hochwertigen Ski nicht“, sagt er. „Holz hält die Spannung besser und ist haltbarer.“ Strobl wollte kein Massenprodukt entwerfen, „sondern sehen, ob ich das kann“, einen Ski mit modernster computerunterstützter Sandwich-Technik millimetergenau zu bauen, der edelste Materialien wie zum Beispiel gebürstete Alubleche aus dem Flugzeugbau oder Kunststoffe aus dem Rennsport mit einem Holzkern verbindet.
Auf die Zirbe kam er dabei eher zufällig, weil der Vater gerade reichlich davon auf dem Lager hatte. „Die ersten Ski werden eh nichts, also nimm das, was da ist“, riet er dem Sohn, der eher an Eiche, Buche oder Pappel gedacht hatte. Der Ski wurde doch was — und nach einigen Stunden auf der Abfahrt Lawens in Serfaus war Strobl klar: „Das Teil rockt.“
Sebastian Strobl, Skibauer
Als dann auch noch die besten Skilehrer in Serfaus nach einem Test den Daumen nach oben reckten und jemand fragte, wo es diese Ski denn gebe und was die kosteten, da wagte Strobl sein Tiroler Start-up. Er kaufte sich die Fräse, baute eine Presse, tüftelte am idealen Holzkern, der den Ski leicht steuern lässt. Heute ist er in der Lage, seinen wenigen Kunden ihren Wunschski zu entwerfen und zu bauen, abgestimmt auf Größe, Gewicht und Fahrkönnen. Der Kern: Zirbe kombiniert mit 30 Jahre gelagerter Eiche. „Bsundere Brettl aus bsunderem Holz“, wie man in Ladis sagt.
Klar, dass bei diesem Aufwand keine Großserie möglich ist. Wo er mit seiner Passion hin will? „Nirgends“, sagt er, „ich muss Lust haben, Ski zu bauen. Und für die Lust brauche ich Zeit für mich, zum Skifahren, zum Gleitschirmfliegen, zum Klettern.“ Also keine Expansion? Ausschließen will er die nicht. Auch wenn sich seine Art Ski sicher nie in Großserie fertigen lässt: Mehr als 18 Paar pro Sommer sollten mit Hilfe möglich sein. Die Nachfrage jedenfalls ist da. „Ich muss ziemlich oft nein sagen, aber im Moment kann ich nicht mehr bauen.“ Die Betonung liegt auf dem Moment.
ziarmrocker.at