Smog raubt Pekingern den Atem
Peking (dpa) - Der schlimmste Smog dieses Winters hält die chinesische Hauptstadt Peking im Würgegriff. Die Luftbelastung kletterte am Donnerstag auf gefährliche Spitzenwerte. Die Behörden gaben Smog-Alarm und warnten vor Aktivitäten im Freien.
Den rund 20 Millionen Pekingern wurde empfohlen, Atemschutzmasken zu tragen, wenn sie doch vor die Tür müssten. Bürgermeister Wang Anshun versprach „drastische Bemühungen“, um die Luftverschmutzung zu verringern.
Der Index der US-Botschaft für den besonders gefährlichen Feinstaub kleiner als 2,5 Mikrometer (PM2,5) erreichte in der Nacht 671 Mikrogramm. Das ist 26 Mal so viel wie der Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Es war das erste Mal in diesem Winter in Peking, dass die Luftwerte über den Spitzenwert von 500 kletterten, wo die Skala normalerweise endet.
Im Kampf gegen den Smog will der Bürgermeister dieses Jahr den Kohleverbrauch der Metropole um 2,6 Millionen Tonnen reduzieren. Im zentralen Stadtgebiet sollen kohlebetriebene Kessel beseitigt, sagte das Stadtoberhaupt bei der Eröffnung der jährlichen Sitzung des städtischen Volkskongresses. Verstärkt soll Gas eingesetzt werden. Auch der Kohlebrand am Rande der Stadt soll eingedämmt werden, sagte Wang Anshun. Konkrete Details wurden aber nicht bekannt.
„Die Regierung tut doch nichts“, klagte ein Taxifahrer. „Die großen Fabriken verpesten die Luft, und alle wollen doch nur Geld verdienen.“ Die Sonne drang kaum durch den Smog. Die Sichtweite reduzierte sich auf wenige hundert Meter, so dass mehrere Autobahnen wie etwa von Peking nach Shanghai, Harbin oder Pinggu gesperrt wurden. Beißender Kohle- und Schwefelgeruch lag in der Luft. „Meine Augen brennen, und ich habe ständig ein Kratzen im Hals“, klagte ein 24-jähriger Student. „Es ist furchtbar.“
Auch die Wolkenkratzer im zentralen Geschäftsviertel der Hauptstadt verschwanden im Smog, der mindestens bis Freitag andauern soll. Die Luftwerte waren seit Mittwochnachmittag plötzlich in die Höhe geschnellt und lagen am Donnerstag noch zwischen 300 und 500 auf dem Index. Trotz der gefährlich hohen Werte riefen die Behörden am Morgen vorerst nur die zweithöchste Alarmstufe „Gelb“ aus.
Die hohen Luftbelastungen folgen fast genau ein Jahr auf den Mega-Smog im Januar 2013, als Rekordwerte von mehr als 800 gemessen worden waren. Es ist die zweite Smogwelle seit Dezember, als Shanghai und weite Teile Zentral- und Ostchinas unter ungewöhnlich schwerer Luftverschmutzung litten. Der starke Kohlebrand in Haushalten im Winter, der Ausstoß der Heiz- und Kraftwerke sowie der wachsende Autoverkehr gepaart mit windstiller und ungünstiger Wetterlage treiben die Belastung mit Schadstoffen drastisch nach oben.
Die hohe Luftverschmutzung der Kohleverbrennung lässt rund 500 Millionen Menschen im Norden Chinas im Schnitt 5,5 Jahre früher sterben, wie eine Studie internationaler und chinesischer Forscher festgestellt hatte. Die Lebenserwartung verringert sich demnach mit einer zusätzlichen Belastung von 100 Mikrogramm Schwebstaub kleiner als zehn Mikrometer (PM10) pro Kubikmeter um drei Jahre - fünfmal mehr als frühere Berechnungen ergeben hatten.