Sorge um die Impfmüdigkeit wächst
Experten warnen vor einer zweiten Infektionswelle.
Düsseldorf/Berlin. In Deutschland steigt wieder die Impfmüdigkeit. Nachdem in den vergangenen Wochen die Zahl der Menschen, die sich gegen die sogenannte Schweinegrippe immunisieren ließen, gestiegen war, nimmt die Bereitschaft derzeit analog zur sinkenden Zahl der Erkrankungen wieder ab. Das macht Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) Sorgen. Denn die Fachleute schließen nicht aus, dass eine zweite, vielleicht noch größere Infektions-Welle auf Deutschland zurollt.
Rösler appellierte daher am Montag eindringlich an die Bürger, sich impfen zu lassen. Der Gesundheitsminister betonte: "Man kann nicht davon ausgehen, dass die Krankheit ihre Gefahr verloren hat." Er ermahnte insbesondere Ärzte und Pfleger, sich immunisieren zu lassen. Bislang haben von dieser Gruppe nur rund 15 Prozent eine Impfung.
Die Experten schließen nicht aus, dass Anfang des neuen Jahres die Zahl der Infektionen wieder deutlich ansteigen könnte. Eine Impfung sei nach wie vor sinnvoll, sagte Carl-Heinz Müller, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Der Präsident des Verbands der Kinder- und Jugendärzte, Wolfram Hartmann, betonte: "Es wäre falsch, diese Krankheit zu verharmlosen, weil es auch Todesfälle und schwere Verläufe gibt."
Zugleich warnen die Experten weiter vor der Möglichkeit, dass sich das H1N1-Virus verändert. Eine solche Mutation könnte beispielsweise dazu führen, dass bestimmte Medikamente nicht mehr bei der Behandlung der Schweinegrippe wirken.
Bisher wurden in Deutschland etwa 190 000 Schweinegrippe-Fälle registriert. Allerdings gehen die Experten beim Robert-Koch-Institut von einer hohen Dunkelziffer aus, auch weil die Meldepflicht gelockert worden war. An dem Virus starben bislang 86 Personen.
Von den bestellten 50 Millionen Impfdosen sind fünf bis sechs Millionen verbraucht worden. In Nordrhein-Westfalen ließen sich nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums bisher rund eine Million Bürger impfen - damit liege das Land über dem Bundesdurchschnitt. Um der Ausbreitung des Virus durch eine Massenimpfung Einhalt zu gebieten, ist nach Angaben von Rösler eine Impfquote von 30 Prozent nötig.
Derweil überlegen die Bundesländer, ob sie einen Teil der Impfdosen an andere Länder wie die Ukraine abgeben. Im Gespräch sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums Thüringen die etwa 2,2 Millionen Dosen, die für die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester bestellt sind - eine Woche, in der sich voraussichtlich nur wenige Menschen impfen lassen. Allerdings gibt es noch keine Entscheidung.
Eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums betonte allerdings, dass eine Abgabe für das Land derzeit nicht in Frage komme. Das Ministerium wolle erst abwarten, weil die Impfbereitschaft mit einer möglichen neuen Infektionswelle wieder ansteigen könnte.