Statiker prüfen einsturzgefährdete „Esso-Häuser“ in Hamburg

Hamburg (dpa) - Die Statik der einsturzgefährdeten „Esso- Häuser“ in Hamburg-St. Pauli ist erneut überprüft worden. Am Montag haben Mitarbeiter der Landesprüfstelle Baustatik die maroden mehrgeschossigen Gebäude untersucht.

Ergebnisse lagen bis zum Abend nicht vor. Bezirksamtschef Andy Grote (SPD) hatte der Nachrichtenagentur dpa zuvor gesagt: „Es gab bislang keine sichtbaren Schäden, etwa Risse.“ Nach Anordnung des Bezirksamtes sind die Häuser direkt an einer „Esso“-Tankstelle bei der Reeperbahn gesperrt. Sie waren in der Nacht zu Sonntag evakuiert worden. Bewohner hatten von wackelnden Wänden berichtet.

Rund 100 Mieter, die bei Verwandten, Freunden oder in Hotels unterkamen, durften am Montag nochmals Haustiere, Medikamente und Wertsachen aus ihren Wohnungen holen. Die Notunterkunft in einer Turnhalle wurde nach Angaben des Hauseigentümers Bayerische Hausbau (München) nach einem Tag aufgelöst.

Unter Hochdruck werde nach Ersatzwohnungen gesucht, berichtete Grote. Er hofft, dass Mieter und Gewerbetreibende noch ihr gesamtes Inventar herausholen können. Ziel sei ein geregelter Auszug. Stünden die Häuser leer, könnte nach Grotes Einschätzung ein Abriss schon im 1. Quartal realistisch werden. Die Behörde stehe im engen Kontakt mit dem Grundeigentümer Bayerische Hausbau. Sie könne erst durch behördliche Genehmigung mit dem Abriss beginnen, ergänzte Unternehmenssprecher Bernhard Taubenberger.

Geplant ist seit längerem, dass die Häuser 2014 abgerissen werden. Die Bayerische Hausbau plant einen Neubau mit knapp 20 000 Quadratmeter Geschossfläche, fast viermal so viel wie bisher. Die Gewerbefläche soll sich auf 5000 Quadratmeter nahezu verdoppeln. Der Prozess, Ersatzwohnungen zu finden, werde beschleunigt, sagte Taubenberger der dpa. Die Mieter sollten ursprünglich zum 31. Juni 2014 ausziehen. Weitere Wohnungen für sie seien aktuell bereits angeboten worden, ergänzte der Sprecher.

Nach früheren Angaben erhalten die Mieter ein Rückzugsrecht in den Neubau. Für vergleichbar große Wohnungen sollte die aktuelle Bruttoquadratmetermiete garantiert werden. Eine Sanierung kam Unternehmensangaben zufolge wegen der weitaus höheren Kosten nicht infrage. „Auch wäre es aufgrund der bereits ausgereizten Statik unmöglich, den Brand-, Schall- und Wärmeschutz heutigen Standards anzupassen“, hieß es im Sommer. Eine Initiative wirft Investoren und Politik vor, sie hätten den Gebäudekomplex „vorsätzlich“ verfallen lassen, was von der Gegenseite bestritten wird.

An dem Standort soll allerdings keine Tankstelle mehr betrieben werden. Die „Tanke“ hat wegen ihrer Lage direkt an Hamburgs sündiger Meile Kultstatus erlangt. Kiez-Größen, Prominente, Theatergänger, feierlustige Jugendliche und die Nachbarschaft treffen sich hier - derzeit ist sie aber ebenfalls gesperrt. Den Charakter eines „Dorfplatzes“ auf St. Pauli will das Unternehmen, wie es beteuert, dort aber erhalten.

Für Samstag (21. Dezember) haben Linksalternative in Hamburg zu einer Demonstration aufgerufen, bei der sie sich auch für den Fortbestand der „Esso-Häuser“ und für das Kulturzentrum „Rote Flora“ einsetzen wollen. Sie protestieren gegen ein Gewinnstreben von Gebäudeeigentümern und Luxussanierungen. Die Polizei erwartet mehr als 3000 Teilnehmer.