Stefan Gubser: Naturbursche in der Polizeiwache
Der neue „Tatort“ kommt aus der Schweiz: Stefan Gubser ist der neue Kommissar. Im Interview spricht der Schweizer über seine Aussteiger-Zeit mit seiner Tochter auf einer einsamen Insel, über die Kraft seines Glaubens und darüber, warum das Wandern sein Geheimrezept für seine glückliche zweite Ehe ist.
Er hatte schon als Kind den Traum, später einmal „Tatort“-Kommissar zu werden. Schauspieler Stefan Gubser (53) hat lange gekämpft und hat es geschafft: Als neuer Schweizer „Tatort“-Kommissar Reto Flückiger ermittelt er in Zukunft von Luzern aus. Im Exklusiv-Interview spricht der sympathische Schweizer über seine Aussteiger-Zeit („wie Robinson Crusoe!“) mit seiner Tochter auf einer einsamen Insel, über die Kraft seines Glaubens und darüber, warum das Wandern sein Geheimrezept für seine glückliche zweite Ehe ist!
Nach neun Jahren sollte es ab 17. April auch aus der Schweiz wieder einen „Tatort“ geben. Sie sind der neue „Tatort“- Kommissar Reto Flückiger. Aber die erste Folge wurde jetzt auf den 14. August verschoben! Hat die Scientology-Mitgliedschaft Ihrer „Tatort“-Kollegin Sofia Milos etwas damit zu tun?
Stefan Gubser: „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Sofia ist ein absoluter Profi und sie hat nie eine Bemerkung über Scientology verloren! Ich habe mit Scientology nichts zu tun, das ist nicht meine Sache. Aber wenn das ein Grund wäre, dürfte man hier auch viele Filme mit Tom Cruise und vielen anderen bekennenden Scientologen nicht zeigen. Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun.“
Sind Sie enttäuscht über die Diskussion über die erste „Tatort“-Folge?
Stefan Gubser: „Ja, anfangs war es für mich war schon ein herber Schlag. Aber, jetzt ist ja alles gut. Ich habe für dieses Projekt sehr lange gekämpft. Das war ein Bubentraum von mir: Ich wollte immer Schweizer ‚Tatort’-Kommisssar werden. Das lag mir sehr am Herzen. Zum Teil ist dieser Traum schon vorher in Erfüllung gegangen: Ich hatte ja schon einige Gastauftritte als Schweizer Kollege der Konstanzer Ermittlerin Klara Blum alias Eva Mattes im SWR-‚Tatort’. Und jetzt der Chef im Luzerner ‚Tatort’! Wie gesagt: Ein Kindheitstraum hat sich erfüllt!“
Haben Sie auch eigene Ideen mit in die Planung eingebracht?
Stefan Gubser: „Ja, ich hab ja den ersten ‚Tatort’ mit produziert und war bei der Buchentwicklung von Anfang an mit dabei. Es ist auch erwünscht, sich einzubringen, und das macht auch viel Spaß. Ich habe da sehr viel Herzblut reingesteckt und kann mich nicht erinnern, dass ich mich schon einmal so engagiert habe! Es lag mir am Herzen, damit der ‚Tatort’ wieder in die Schweiz zurückkommt. Der Film ist auch mit viel Sorgfalt gemacht — mit den besten Leuten der Branche - vom Schauspieler bis zum Regisseur.“
Sie sind in Winterthur in der Schweiz geboren, aber in Österreich groß geworden …
Stefan Gubser: „Ich bin die ersten 15 Jahre in Österreich aufgewachsen, weil mein Vater in der Maggi-Fabrik in Bregenz gearbeitet hat. Ich habe dann die humanistische Matura, also das Abitur mit Latein und Französisch in der Schweiz abgelegt. Die Ausbildung zum Schauspieler bekam ich am Max-Reinhardt-Seminar in Wien und spielte dann am Burgtheater und später in München und Wiesbaden.“
Und wo leben Sie heute?
Stefan Gubser: „In der Nähe von Zürich. Ich lebe sehr gern in der Schweiz, habe noch ein Ferienhäuschen im Tessin. Ich bin jetzt seit 16 Jahren in zweiter Ehe sehr glücklich verheiratet, habe noch eine Tochter aus erster Ehe, die bald 30 wird.“
Sind Sie schon Opa?
Stefan Gubser: „Nein! Aber ich sage meiner Tochter bei jeder Gelegenheit, dass ich gern Opa wäre! Aber sie vertröstet mich noch. Ich habe Kinder sehr gern - und als Opa hat man nicht die ganze Verantwortung und kann abends sagen: So, jetzt sind die Eltern wieder dran. Enkelkinder sind ideal, das wünsche ich mir sehr.“
Hatten Sie als Schauspieler immer genug Zeit für die Familie oder oft ein schlechtes Gewissen, weil Sie so oft unterwegs sein mussten?
Stefan Gubser: „Ich habe sehr viel Zeit mit meiner Tochter verbracht! Ich war anfangs am Theater und konnte mich sehr um sie kümmern. Meine Tochter war fünf, als ich freischaffend wurde, und so hatte ich auch dann viel Zeit für sie. Heute ist sie im Musikmanagement tätig. Als Teenager hatte sie mal Lust auf die Schauspielerei, aber das war nicht von Dauer.“
Sie sind in zweiter Ehe mit Brigitte Gubser (50) — sie führt eine große Medienagentur — verheiratet. Sind Ehen mit Schauspielerinnen problematisch?
Stefan Gubser: „Ich glaube, Schauspieler-Ehen und -Beziehungen sind sehr problematisch. Ich kenne Anna Loos und Jan Josef Liefers — bei ihnen funktioniert es toll! Aber Schauspieler stehen von Natur aus gern im Rampenlicht, und wenn zwei im Rampenlicht stehen, dann kann es schwierig werden. Eine gewisse Eitelkeit und ein gewisser Egoismus gehören zu unserem Beruf. Aber man muss sich halt auch etwas in Bescheidenheit üben. Die großen Schauspieler, die wirklich toll sind, die sind irgendwie auch bescheiden und bei sich geblieben.“
Sie haben in Deutschland schon in vielen Filmen mitgespielt, waren in TV-Serien wie „Kurklinik Rosenau“ und „In aller Freundschaft“ dabei. Trotzdem sind Sie noch nicht so bekannt …
Stefan Gubser: „Wichtig ist für mich die Arbeit, die ich machen kann. Hier in der Schweiz kennt man mich, aber so ein Promi-Status kann oft auch unangenehm sein. Beim Einkaufen ist es manchmal mühsam, wenn man beobachtet wird. Ich brauche das nicht, ich bin ein Naturbursche und laufe lieber in den Bergen als über Rote Teppiche. Feste und Galas gehören zum Job, aber es muss nicht dauernd sein.“
Teilt Ihre Frau Ihre Leidenschaft für die Natur?
Stefan Gubser: „Das ist sogar das Geheimnis unseres großen Liebesglücks! Wir fühlen uns beide in der Natur zu Hause. Ich führe wirklich seit 16 Jahren eine tolle, glückliche Ehe und bin absolut überzeugt, dass unsere Ehe auch deswegen so toll ist, weil wir so viel zum Wandern gehen. Wenn man so acht oder neun Stunden gemeinsam wandert, dann spricht man auch viel miteinander beim Gehen. Dann hat man Zeit, ruhig und ehrlich über Gott und die Welt zu sprechen. Wir reden über alles, wofür man im Alltagsstress gar keine Zeit hat. Und die langsame Bewegung ist für uns die optimale Erholung: körperlich, geistig, seelisch. Das ist sicher mit ein Grund, warum es uns so gut geht und warum unsere Ehe so glücklich ist!“
Suchen Sie immer neue Herausforderungen oder ist es egal, wo Sie laufen?
Stefan Gubser: „Wir waren auch schon am Kilimandscharo, aber nicht zum Klettern, und sind nicht steil gelaufen. Ganz schwindelfrei bin ich auch nicht mehr. Ganz eindeutig: Der Weg ist das Ziel. Wir können denselben Weg auch immer wieder laufen. Wir gehen meist auch am Wochenende von unserem Haus im Tessin los. Sehen, wie sich die Natur übers Jahr verändert und alle Sorgen verfliegen.“
Klingt ja fast wie eine ideale Ehe-Therapie?
Stefan Gubser: „Das Wandern ist besser als jede Ehe-Therapie! Ich glaube, da würden sehr viele Beziehungen besser funktionieren, wenn die Paare regelmäßig miteinander wandern würden.“
Sind Sie in Ihrer ersten Ehe noch nicht gewandert? Oder woran ist die Beziehung gescheitert?
Stefan Gubser: „Doch, da bin ich auch schon gewandert. Aber ich war sehr jung bei der Hochzeit, bin mit 23 Vater geworden. Ich hatte eine Familie, bevor ich mit der Schauspielschule fertig wurde. Wir haben uns auseinandergelebt, sind aber heute noch eng befreundet. Es hat einfach nicht gestimmt zwischen uns und nach 13 Jahren haben wir uns getrennt. Aber meine Beziehungen haben immer sehr lang gedauert. Heute bin ich überzeugt, dass ich mit Brigitte alt und mit ihr einen glücklichen Lebensabend verbringen werde.“
Sind eine harmonische Partnerschaft und ein Ankerplatz besonders wichtig für Schauspieler?
Stefan Gubser: „Ja, meine Ehe gibt mir viel Kraft. Wenn du jemanden hast, mit dem du offen sprechen und dem du absolut vertrauen kannst, ist das viel wert. Wenn ich zu Hause auch noch Streit hätte, wäre das furchtbar. Ich habe drei feste und verlässliche Anker-Punkte: meine Frau, meine Tochter und die Natur.“
Sie sollen mal ein Jahr lang als Aussteiger in der Einsamkeit gelebt haben?
Stefan Gubser: „Stimmt! Ich habe fast ein Jahr in Brasilien mitten in der Pampa gehaust. Ohne Strom und fließend Wasser. Das war ein Ausbrechen, auch so ein Kindheitstraum: mal auf einer einsamen Insel leben wie Robinson Crusoe! Meine Tochter war damals ein Jahr alt und ich bin mit ihr auf eine kleine einsame Insel gezogen. War alles total primitiv, aber dieses Abenteuer-Leben hat mir viel gebracht. Nur dauerhaft war das nicht mein Weg.“
Spielt der Glaube an Gott eine Rolle für Sie?
Stefan Gubser: „Ja, der Glaube ist schon wichtig für mich. Ich bin nicht ausgerichtet auf eine bestimmte Religion. Ich glaube, dass es eine höhere Kraft gibt und wir vieles nicht erkennen können. Ich glaube, dass mehr ist, als was wir mit unseren Augen sehen und mit den Ohren hören können. Mit der katholischen Kirche habe ich etwas Mühe! Aber der Glaube an eine höhere Macht hängt nicht von der Religionszugehörigkeit ab. Der Glaube kann Trost und Kraft spenden. Der Glaube kann uns auch demütig und dankbar machen — und das kann ja nicht schaden.“