Steuerfahnder ermitteln gegen Alice Schwarzer

Köln (dpa) - Gegen die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer läuft auch nach ihrer Selbstanzeige und Steuernachzahlung ein steuerliches Ermittlungsverfahren. Das teilte der Anwalt der 71-jährigen Publizistin, Christian Schertz, am Freitag mit.

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Er reagierte damit auf Berichte der Nachrichtenmagazine „Focus“ und „Spiegel“. Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft hätten im Mai unter anderem Schwarzers Haus im Bergischen Land bei Köln durchsucht, berichteten die Magazine. Schertz bestätigte die Durchsuchungen am 20. Mai.

Zugleich heißt es in seiner Mitteilung: „Die heute in den Medien angestellten Mutmaßungen über die Höhe einer möglichen zusätzlichen Steuerschuld sind falsch“. Konkreter wurde der Anwalt nicht. Die Staatsanwaltschaft in Köln äußerte sich in der Sache nicht. „Das Thema Steuerhinterziehung kommentieren wir grundsätzlich nicht.“

Die Herausgeberin und Chefredakteurin der feministischen Zeitschrift „Emma“ hatte Anfang Februar eingeräumt, seit den 1980er Jahren ein Schweizer Konto geführt, es aber erst 2013 beim Finanzamt angegeben zu haben. Sie habe 200 000 Euro für die vergangenen zehn Jahre nachgezahlt, plus Säumniszinsen. Laut „Focus“ und „Spiegel“ gibt es nun den Verdacht, dass sie dem Fiskus zusätzlich Steuern aus selbstständiger Arbeit vorenthalten haben könne. Angeblich geht es um einen sechsstelligen Betrag.

Schertz erklärte: „Im Zusammenhang mit der eingereichten Nacherklärung wurde - wie gesetzlich vorgesehen - ein steuerliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, was derzeit entgegen der ersten Annahme noch andauert.“ Details nannte er nicht. Er habe im Namen seiner Mandantin Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Kölner Staatsanwaltschaft gestellt, „da erneut offenbar Informationen in kürzester Zeit aus den Behörden direkt an die Medien durchgestochen worden sind.“ Er habe Schwarzer geraten, sich nicht zur Sache zu äußern. Sie werde weiter mit den Behörden zusammenarbeiten.

Eine Selbstanzeige ist nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Der Düsseldorfer Steueranwalt Arne Lißewski sagte auf dpa-Anfrage, sollte Schwarzer eine zusätzliche Einkunftsquelle vollständig verschwiegen haben, würde das bedeuten, dass ihre Selbstanzeige unwirksam würde.

Er ergänzte, der Bundesgerichtshof sei sehr streng bei der Beurteilung der Frage, ob eine Selbstanzeige vollständig und damit wirksam sei oder nicht: „Liegt die auf Grundlage der Selbstanzeige berechnete Steuer um mehr als fünf Prozent daneben - also unter der tatsächlich hinterzogenen Summe - ist die Selbstanzeige unvollständig und unwirksam.“

Der Fall Schwarzer hatte schon zu Jahresbeginn hohe Wellen geschlagen - ebenso wie der von Uli Hoeneß. Dieser ist wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden, weil er dem Fiskus mehr als 28 Millionen Euro Steuern vorenthalten hatte. Seine Selbstanzeige hatte das Münchner Landgericht als unzureichend bewertet, seit diesem Montag sitzt Hoeneß im Gefängnis in Landsberg.

Auch als Folge dieser prominenten Fälle sollen ab Januar 2015 die Strafzuschläge für Steuersünder spürbar erhöht werden. Die Länder-Finanzminister beschlossen zugleich aber Anfang Mai, an der umstrittenen strafbefreienden Selbstanzeige festzuhalten.

Als Schwarzers Selbstanzeige vor vier Monaten bekanntgeworden war, hatte die Autorin eine „Verletzung des Steuergeheimnisses“ und die Verletzung ihrer Privatsphäre kritisiert. Man wolle gezielt ihren Ruf schädigen - auch nach ihrer Kampagne gegen die Prostitution.