Modewoche Strick, Flausch, Promis - Berliner Fashion Week startet
Berlin (dpa) - Zu wenig Promis, keine großen Namen. Und muss denn immer die Straße am Brandenburger Tor gesperrt werden? Bei der Berliner Fashion Week wird gern gemeckert.
Spott auch in der U-Bahn: „Kaum ist Fashion Week, schon liegt überall weißes Pulver“, witzeln die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und zeigen dazu die verschneite Stadt. Eine Anspielung darauf, dass in der Modebranche angeblich viel gekokst wird.
Klischee beiseite. Die Fashion Week ist längst ernstes Business, ein Wirtschaftsfaktor für Berlin und ein Trendbarometer für die Branche. Zweimal im Jahr entscheiden hier die Fachleute am Laufsteg und bei Messen, was künftig in den Läden hängt.
Einiges ist diesmal anders. Am Eingang werden die Taschen kontrolliert. Den alten Standort am Brandenburger Tor hat die Mercedes-Benz Fashion Week aufgegeben. Jetzt sind die Schauen im historischen Kaufhaus Jandorf, zu DDR-Zeiten „Haus der Mode“, heute hippe Kulisse. Es sieht aus wie nicht fertig renoviert. Berliner Rohbau-Charme wie aus den 90ern. In einem öffentlichen Shop kann man die Mode gleich kaufen.
Im Publikum sind überwiegend Frauen - je prominenter, desto nackter an den Füßen, und das bei Eiseskälte draußen. Eine trägt ein wildgemustertes Ensemble und sagt zu ihrer Begleiterin: „Wenn ich damit in Münster rumlaufen würde...“ Im Saal machen die Besucherinnen Handyfotos und inspizieren den Inhalt der Geschenketüten.
Dann geht es um die Mode. Die Designerin Dorothee Schumacher, gebürtige Düsseldorferin mit Sitz in Mannheim, ist am Dienstag die Erste, die ihre Kollektion vorstellt. Die ist elegant, verspielt und flauschig. Viel Schwarz und Weiß ist zu sehen, auch warmes Gelb. Hingucker sind riesige Schleifen an Jacken und Kleider. Außerdem: Zopfmuster, gewalkte Wolle, breite Gürtel.
In der ersten Reihe: die Schauspielerinnen Jasmin Tababatai, Nora von Waldstätten und Christiane Paul. Bibiana Beglau kommt gerade von Dreharbeiten aus dem norddeutschen Anklam, abends tritt sie in München im „Faust“ auf. Dazwischen passt noch die Fashion Week. „Berlin ist schon ganz gut unterwegs“, findet sie. Die Mode von Dorothee Schumacher lobt sie als seriös und lustig zugleich.
Danach stehen Schauen von Designern wie Lena Hoschek, Esther Perbandt und Hien Le an. Das Label Malaikaraiss lädt abends auf die Schloss-Baustelle ein. Stammgäste wie Michael Michalsky und Guido Maria Kretschmer fehlen diesmal.
Noch bis Freitag gibt es einiges zu entdecken, etwa beim Berliner Modesalon im Kronprinzenpalais Unter den Linden. Einen Blick in die Zukunft wirft die Messe Fashiontech. Dort geht es um die Schnittstelle von Mode und Technik. Und um Fragen wie: Was können 3D-Drucker heute? Und könnten sich essbare Textilien aus Hefepilzen durchsetzen?
Was der kommende Winter modisch bringt, beobachtet Gudrun Allstädt, Ressortleiterin Mode beim Fachmagazin „TextilWirtschaft“. „Es wird sehr viel mehr Farbe und Muster geben“, sagt sie. Auch witzige Prints wie Comics, Sprechblasen und Peace-Zeichen wird man in den Läden sehen. Die Farbpalette erinnert an Edelsteine, tiefe Rot-, Blau- und Grüntöne kommen, dazu als Akzente Senfgelb und Cognac.
Die Jeans-Frage: Bei den Jüngeren wird sich nach Angaben der Expertin die hochgeschnittene „Mom-Jeans“ weiter durchsetzen. Außerdem steht ein Revival des 90er-Jahre-Looks bevor, mit einer Pfeffer-Salz-Optik und Hosen, die aussehen wie vor 20 Jahren. Es passt, dass wieder mehr Logos auftauchen, etwa beim T-Shirt mit „Levi's“-Logo.
Insgesamt gilt: Das Geschehen bewegt sich zwischen dem extravaganten Gucci-Look und Streetwear. Riesengroße Daunenjacken, die das Label Vetements schon früh zeigte, wird man laut Allstädt öfter sehen - vielleicht in Kombination mit Steghosen. Nur ein kurzer Hype waren Ponchos. Der Parka bleibt, Jersey-Hosen sind im Kommen.
Bei den Männern verschwindet die Röhrenhose immer weiter. Stattdessen gibt es Bundfalten oder den Karottenschnitt. Und mit einer Sache sollte jetzt Schluss sein, findet die Expertin: „Männer sollten jetzt endlich aufhören, sich den Schal so um den Hals zu schlingen.“