Sturm bremst Fähren, Züge und Autos im Norden

Sturmflut an der Nordseeküste und orkanartige Böen bis zur Ostsee: Ein Wintersturm fegt über Norddeutschland, entwurzelt Bäume und behindert Teile des Zug- und Fährverkehrs. Vom Atlantik ziehen neue Sturmtiefs in den Norden.

Kiel (dpa) - Die erste Sturmflut der Saison und kräftige Böen haben in Norddeutschland Schäden angerichtet und den Verkehr behindert. Insgesamt seien die Folgen am Donnerstag aber glimpflich gewesen, hieß es bei den Behörden. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen, die Deiche an der Westküste hielten Stand. Für die Ostsee hatte der Südweststurm auch ein Gutes: Das morsche Eis aus den Küstenregionen wurde auf die offene Ostsee hinausgetrieben, teilte das Bundesamt für Seeschifffahrt in Rostock mit. Nachdem sich die Lage im Lauf des Tages vorübergehend entspannte, rechneten die Meteorologen in der Nacht zum Freitag mit einem neuen Atlantik-Tief.

Meist umgeknickte Bäume - auf Gleisen, Straßen oder Häusern- hielten die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr im Norden auf Trab. In Ganderkesee (Niedersachsen) stürzte ein Baum auf einem Parkplatz auf vier Autos. Verletzt wurde dabei niemand. Auf der Autobahn 20 nahe der Abfahrt Gützkow (Mecklenburg-Vorpommern) wurde eine 48-jährige Autofahrerin schwer verletzt, als sie mit ihrem Wagen einem im Sturm umgekippten Lastwagenanhänger nicht mehr ausweichen konnte.

Hochwasser überflutete Teile des Hamburger Fischmarkts. Geparkte Autos standen plötzlich im Wasser. Im Vorort Blankenese schien eine Uferstraße wie von Eisschollen gepflastert, das Hochwasser hatte sie an Land gedrückt. Unter Wasser stand am Morgen auch der Fähranleger in Dagebüll (Kreis Nordfriesland) an der Nordseeküste. „Land unter“ hieß es auf den Halligen Langeneß und Hooge, Fähren sollten erst im Laufe des Tages diese Halligen wieder anfahren.

Allein in Schleswig-Holstein gab es laut NDR 1 Welle Nord mehr als 100 Feuerwehr- und Polizeieinsätze. Insgesamt seien die Folgen aber glimpflich gewesen, hieß es bei den Behörden. Wegen des Sturms musste die Fehmarnsundbrücke zwischen dem schleswig-holsteinischen Festland und der Ostsee-Insel Fehmarn zeitweise für alle Fahrzeuge gesperrt werden. Auf der Ostsee-Insel Hiddensee wurden laut Wetterdienst Meteomedia Windgeschwindigkeiten bis zu 110 Stundenkilometer gemessen.

„An Sturmböen bis zu Windstärke 10 werden wir uns in den nächsten Tagen gewöhnen müssen“, sagte der Meteorologe Helmut Malewski vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Die Pegelstände an der Nordseeküste und Hamburg-St. Pauli überschritten das mittlere Tidehochwasser bis zu mehr als 2,5 Meter. „Es war die erste Sturmflut nach über einem Jahr“, sagte der Leiter des niedersächsichen Sturmflutwarndienstes, Hans-Gerd Coldewey. Auf einigen Inseln wie Wangerooge und Spiekeroog habe es Dünenabbrüche gegeben. Die Sturmflut habe auch Sandfangzäune zerstört.

Auch im Binnenland tobte der Sturm heftig. Auf dem höchsten Gipfel des Harz, dem Brocken, erreichten die Böen mit bis zu 140 Kilometern pro Stunde ausgewachsene Orkanstärke.

In Schleswig-Holstein kam es zu Behinderungen im Bahnverkehr. Die Zugstrecke zwischen Neumünster und Flensburg war laut Bundespolizei auf der Höhe von Schleswig eine gute Stunde in der Nacht in beide Richtungen blockiert. Ein Güterzug hatte einen auf die Gleise gewehten Düngemittelcontainer erfasst, der mit der Lok verkeilte. In Hasloh (Kreis Pinneberg) stürzte ein Baum auf ein Gleisbett. Nur eingeschränkt konnte am frühen Morgen der Sylt-Shuttle der Deutschen Bahn verkehren: Leere Lastwagen, Wohnwagen und Anhänger wurden nicht transportiert.

Der Meteorologe Malewski sprach von einem „mittleren Wintersturm, und da werden noch einige folgen“. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sah auch noch keine Dramatik. „Es ist eine kleine Sturmflut, die wir jeden Winter haben, nichts besonderes“, so Sylvin Müller-Navarra, Leiter des Sturmflutwarndienst beim BSH.