Sturmflut: „Tilo“ wütet über der Nordsee

Der erste Herbststurm fegt über Küsten und Inseln. Besonders betroffen ist Helgoland.

Kiel. Orkanböen toben über der Nordsee, das Wasser steigt und steigt, Regen peitscht über Inseln und Halligen, die Fähren bleiben im sicheren Hafen. Gestern erlebte die Westküste die erste Sturmflut dieses Herbstes. Entlang der deutschen Nordseeküste, in Großbritannien, den Niederlanden und Norwegen hat Sturmtief "Tilo" Spuren hinterlassen.

Die Hochsee-Insel Helgoland war besonders betroffen. "So wie es aussieht, sind am Nordstrand der Düne Hunderttausende Kubikmeter Sand vom Wasser weggerissen worden", sagte Bürgermeister Frank Botter. "Auf sechs Meter Breite ist der Strand weg." Botter befürchtet Millionenschäden. Auch auf Langeoog und Juist brachen Teile der Dünen weg.

Am Nachmittag war in Hamburg mit 3,33 Metern über dem mittleren Hochwasser der Höchststand erreicht; hier standen unter anderem der Fischmarkt und Teile von Speicherstadt und Hafen-City unter Wasser. Einen höheren Pegelstand meldete nur das Ems-Sperrwerk, das sicherheitshalber geschlossen worden war. In Schleswig-Holstein meldeten die Behörden einen Stau von 67Schiffen im ebenfalls gesperrten Nord-Ostsee-Kanal.

Der größte Hafen Europas im niederländischen Rotterdam war vorübergehend vollständig gesperrt. Erstmals seit seinem Bau 1997 wurde in der Nacht zu gestern das Maeslant-Flutwerk zum Schutz vor den Wassermassen geschlossen. Auch alle anderen Sperrwerke des Landes waren dicht, die Deichüberwachung entlang der gesamten Küste alarmiert. Am Vormittag entspannte sich die Lage wieder. Der Schaden wird auf etwa 500000 Euro beziffert.

An der englischen Küste konnten gestern Abend 500 Menschen in ihre Häuser zurückkehren. Sie hatten die Nacht zu Freitag in Notunterkünften verbracht. Die Behörden meldeten lokale Überschwemmungen, in der am stärksten betroffenen Stadt Great Yarmouth in Norfolk standen mehrere Straßen unter Wasser.

In der Nacht zu Freitag hatte "Tilo" die norwegische Öl- und Gasförderung lahmgelegt. Die Produktion wurde eingestellt, um die Plattformen auf See notfalls evakuieren zu können. Gestern lief die Produktion wieder an.

Unabhängig vom Nordsee-Sturm erwarten Meteorologen bis zu 75Zentimeter Neuschnee innerhalb von 24 Stunden für Regionen am Alpenrand.