"Superhirn" Redoine Faid gelingt spektakuläre Flucht aus Knast
Gangsterboss sprengt sich aus dem Knast. Spektakulärer Ausbruch in Lille: 40-Jähriger hatte Waffen und Sprengstoff.
Lille. In französischen Ganovenkreisen nennen sie Redoine Faid respektvoll das "Superhirn". Am Samstagmorgen ist der berüchtigte Schwerverbrecher auf spektakuläre Weise aus dem Gefängnis in Lille geflüchtet.
Zuerst nahm der 40-Jährige mehrere Wärter als Geiseln, dann sprengte er eine Knasttür nach der anderen auf, um sich draußen in einem bereitstehenden Fluchtwagen aus dem Staub zu machen. Obwohl die Fahndung auf Hochtouren läuft, fehlt vom "Ausbrecherkönig" jede Spur.
Wie konnten in einem der modernsten Gefängnisse Frankreichs Waffen und Sprengstoff in die Hände eines als "besonders gefährlich" eingestuften Häftlings gelangen? Diese Frage beschäftigt Frankreichs Öffentlichkeit am meisten. Eine erste Vermutung: Möglicherweise hat seine Frau den Sprengstoff mit Papiertaschentüchern in die Haftanstalt geschmuggelt.
Ein Vorwurf, den der Anwalt der Frau sogleich zurückwies. Die filmreife Flucht in der Haftanstalt Sequedin begann am Samstagmorgen gegen 8.15 Uhr, als der bewaffnete Redoine Faid seinen Aufpasser überwältigte und als Geisel nahm. Nachdem er zwei Türen gesprengt hatte, befand er sich bereits auf dem Hof. Danach sprengte er einen Zaun sowie zwei weitere Türen auf.
Von den inzwischen vier Geiseln ließ er drei sogleich wieder laufen. Draußen auf dem Parkplatz wartete ein Komplize im Fluchtwagen. Nach etwa sechs Kilometern ließen sie die letzte Geisel frei - und das Auto auf der Autobahn in Flammen aufgehen. Weiter ging's im zweiten Fluchtauto. Da das Gefängnis von Lille nur etwa 15 Kilometer von Belgien entfernt ist, vermuten die Fahnder, dass sich der mit einem internationalen Haftbefehl Gesuchte ins Nachbarland abgesetzt haben könnte.
Redoine Faid zählt zu den schillerndsten Gangstern in Frankreich. Der Sohn algerischer Einwanderer wuchs in der Banlieue von Paris auf und kam früh auf die schiefe Bahn. Zu seinen spektakulärsten Verbrechen zählt der Überfall auf einen Geldtransporter 1997 in Villepinte bei Paris. Obwohl er rein rechnerisch eine Jahrzehnte lange Sammelstrafe hätte verbüßen müssen, kam er 2009 vorzeitig auf Bewährung frei. Und präsentierte sich demütig als geläuterter Mann.
2010 sorgte er für Schlagzeilen, als er die Autobiografie "Der Räuber" veröffentlichte. Seitdem nannten sie ihn im Milieu "l'Ecrivain" - den "Schriftsteller". Doch das Bild vom reuigen Sünder täuschte. In Wirklichkeit plante der Gangsterboss schon die nächsten Taten. Im Mai 2010 soll er erneut in einen Überfall auf einen gepanzerten Geldtransporter verwickelt gewesen sein, bei dem eine junge Polizistin ums Leben kam. Ferner wird ihm zur Last gelegt, im März 2011 einen Geldtransporter bei Arras überfallen zu haben.
Mit-Häftlinge berichten jetzt, dass Redoine Faid seit der Verhaftung Mitte 2011 immer wieder mit seinen Fluchtplänen geprahlt habe.