Tagebau: Die Angst an der Abbruchkante
Anwohner bangen um ihre Häuser und kritisieren RWE.
Inden. Josef Bellartz aus dem Dorf Merken wohnt nicht weit von der Abbruchkante des Braunkohletagebaus Inden. Der Landwirt ist nach dem Böschungsrutsch vom Wochenende richtig geladen. Sein Zorn richtet sich gegen den Stromriesen RWE Power.
"Da wird viel vertuscht", so der Landwirt, "und wenn dann etwas passiert, wird die Sache regelmäßig verharmlost." Er spielt damit auf den Direktor des Tagebaus, Arthur Oster, an. Der spricht nach dem Zwischenfall von einer "üblichen Betriebssituation". Das Geschehen sei zwar "nicht gewollt, aber prognostizierbar gewesen".
Die Öffentlichkeit wurde von dem Vorfall erst durch Berichte der "Aachener Zeitung" und "Aachener Nachrichten" informiert. Die Anwohner sind besorgt, weil ihnen vor weniger als einem Jahr noch versichert worden ist, dass Erdrutsche wie in Nachterstedt (Sachsen-Anhalt) im Rheinland nicht vorkommen könnten.
Beim Tagebauloch hatte es im vergangenen Sommer einen verheerenden Abrutsch von zwei Millionen Kubikmetern Erde gegeben. Dabei wurden mehrere Häuser in die Tiefe gerissen und drei Menschen getötet.
In Inden brach das Erdreich nach Angaben von RWE letzten Freitag an der "Arbeitsböschung" ab. Das ist der Teil, an dem der Tagebau voranschreitet. Er sei steiler angelegt als die dauerhaften "Endböschungen".
Wegen Besonderheiten in der Erdkruste sei die Böschung intensiver als sonst überwacht worden. Bei den ersten Hinweisen an den Messpunkten auf mögliche Bewegungen griffen demnach die Sicherheitsvorkehrungen.
Das Bergamt Düren ist eingeschaltet. Von der Behörde erwartet der Indener Bürgermeister Ulrich Schuster einen Bericht: "Eine Gefährdung angrenzender Orte muss ausgeschlossen sein." In einer ersten Reaktion hatte das Bergamt als Überwachungsbehörde die Darstellung von RWE bestätigt.
Unterdessen sind die Befürchtungen in Hinblick auf den Tagebau gewachsen. "Die baggern bis 150Meter an den Ort", sagt der Sprecher der Interessengemeinschaft Merken, Horst Knapp.
Nach jetzigen Planungen werde es Jahre dauern, bis die "Endböschung" modelliert sei. "Wir werden fünf bis zehn Jahre an einer Steilküste liegen." Die Vorkomnisse zeigten, welches Risiko das sei.