Taifun „Roke“ wütet über Japan
Tokio (dpa) - Der gewaltige Taifun „Roke“ wütet in Zentral-Japan und hat bisher mindestens sechs Menschen in den Tod gerissen. In rund 536 000 Häusern in 17 Provinzen fiel laut Medien der Strom aus.
Die vom Megabeben und Jahrhundert-Tsunami schwer getroffene Katastrophenregion um das havarierte Kernkraftwerk Fukushima sowie andere Teile des Inselreiches wurden von enormen Regenfällen und peitschenden Sturmböen heimgesucht.
Tausende Häuser und Straßen standen unter Wasser, Bäume stürzten um, der Verkehr wurde teils lahmgelegt und Tausende zur Flucht vor den Wassermassen gezwungen.
Ein Sprecher des Betreibers der Atomruine Fukushima, Tepco, versicherte, dass der Taifun keine Auswirkungen auf die Kühlsysteme habe. Man sei auf die Taifun-Saison vorbereitet. Die Arbeiten zur Abdeckung des Reaktors 1 wurden wegen der starken Winde unterbrochen. Auch andere Arbeiten am AKW nahe der Küste wurden vorsorglich eingestellt und Leitungen und Pumprohre befestigt. Laut Tepco wurden Maßnahmen ergriffen, damit kein verseuchtes Kühlwasser in Folge der Regenfälle überläuft.
Einige der Todesopfer wurden japanischen Medienberichten zufolge von angeschwollenen Flüssen fortgerissen. In der Industriestadt Nagoya fiel ein 66-Jähriger vom Dach eines Hauses, als er eine Dachrinne von Trümmerteilen befreien wollte. In der Provinz Saga wurde ein 71-Jähriger über Bord seines Fischerbootes gerissen, als er es bei den starken Stürmen festmachen wollte. Auch in der Hauptstadt Tokio kämpften zigtausende Menschen gegen die Sturmböen an. In dem auch bei ausländischen Touristen beliebten Tokioter Szene-Stadtteil Shibuya stürzte ein Baum auf ein Taxi. Niemand wurde dabei verletzt.
Da viele Züge ausfielen, drängten sich in der Millionenstadt Tokio die Menschen in den Bahnhöfen und Zügen noch mehr als sonst. Massen von Gestrandeten versuchten geduldig, mit Bussen heimzukehren. Viele Unternehmen schickten ihre Mitarbeiter bereits am Nachmittag nach Hause - äußerst ungewöhnlich in dem für seine besonders langen Arbeitstage bekannten Hochtechnologieland. Unternehmen wie der weltgrößte Autobauer Toyota setzten aus Sorge um die Mitarbeiter die Arbeit in einigen Fabriken aus. Auch die Deutsche Schule in Yokohama und andere Schulen des Landes ließen ihre Schüler früher nach Hause.
Unterdessen wurden rund 600 Flüge gestrichen, der Betrieb von Hochgeschwindigkeitszügen in Ost- und Zentraljapan vorübergehend ausgesetzt und viele Autobahnen gesperrt. In der vom Mega-Erdbeben und Jahrhundert-Tsunami vom 11. März heimgesuchten Region Tohoku im Nordosten des Inselreiches mussten manche der Überlebenden aus ihren Notbehausungen fliehen und sich erneut anderswo in Sicherheit bringen. Der von den Behörden als „äußerst heftig“ eingestufte Taifun, der 15. der Saison, war am Nachmittag bei der Stadt Hamamatsu, rund 250 Kilometer südwestlich Tokios, auf Land getroffen.
Er zog unterdessen mit einer Geschwindigkeit von rund 40 Kilometern pro Stunde nach Norden weiter. An seinem Zentrum hatte er Windgeschwindigkeiten von rund 200 Kilometern pro Stunde. Rund 15 000 Menschen im ganzen Land waren von den Behörden angewiesen worden, ihre Häuser zu verlassen. 414 000 weiteren Menschen wurde dies nahegelegt. Zuvor hatte die Industriestadt Nagoya eine Evakuierungsempfehlung für rund 880 000 Menschen wieder aufgehoben. Zwischenzeitlich waren mehr als eine Million Bürger aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen.
Die Meteorologische Behörde rief zu „höchster Wachsamkeit“ auf und warnte noch bis Donnerstag vor weiteren Regenfällen. Bereits Anfang des Monats hatte ein anderer Taifun den Westen des fernöstlichen Inselreiches heimgesucht. Es gab mehr als 100 Tote und Vermisste.