Tanzen bis die Sterne wackeln - Raver feiern im Hunsrück
Kastellaun (dpa) - Nicht einmal die robusten Wände des „Headquarters“ können die wummernden Bässe aufhalten. Die Party ist bis auf die langen Flure des ehemaligen US-Militärgebäudes zu hören.
Das soll sie auch.
„Das Festival ist einzigartig in der Welt“, sagt Sander van Doorn, ein weltweit gefragter DJ. Er bereitet sich gerade auf seinen Auftritt bei „Nature One“ vor, einem dreitägigen Elektro-Festival auf der ehemaligen US-Raketenbasis Pydna im Hunsrück. „Die Deutschen haben einfach eine tolle Beziehung zu dieser Musik“, findet der Niederländer.
Van Doorn ist einer von mehr als 300 DJs, die bis zum Sonntag den Ravern einheizen wollen. Rund 55 000 Besucher werden erwartet. Wo früher atomare Sprengköpfe der US-Armee lagerten, tobt jetzt auf knapp 350 000 Quadratmetern mit über 20 Bühnen die Party. Aus 15 Kilometern Entfernung sind schon die ersten Laser zu sehen. Die Beats kommen aus über 800 Lautsprechern mit einer Leistung von fast einer Million Watt.
„Da läuft ein Bass, der das Herz pumpen lässt“, sagt der 19-jährige Jan aus Donaueschingen. Er kommt aus dem Zelt Hardcore Gladiators, einem der vielen kleineren Dancefloors, die neben den vier Hauptbühnen die Raver anlocken. Clubs aus der ganzen Republik haben auf dem Festival Zweigstellen eingerichtet. „Ich bin zum ersten Mal da. Aber ich verspreche schon jetzt, dass ich in 20 Jahren hier mit meinem Sohn abtanzen will“, sagt Jan. Andere haben mehr Erfahrung. „Ich bin zum neunten Mal hier“, sagt Florian. Zusammen mit zehn Freunden ist er am Tag zuvor angereist. Alle tragen schwarze Shirts mit der neongelben Aufschrift „Hardcore Crew Mittelfranken“.
Das Motto der 18. „Nature One“ lautet „You. Are. Star.“ (Du bist ein Star) Entsprechend auffällig kleiden sich viele im Publikum: Manche Männer tragen plüschige Hasenkostüme und einige Frauen neongelbe Overalls. Dazwischen die Klassiker der Raver-Mode: Knallige Schlaghosen und bunte Militärklamotten. Die Szene pflegt Traditionen, optisch und musikalisch. Im Classic Terminal stand in der Nacht zum Samstag Dr. Motte auf dem Programm - der Vordenker der Technobewegung in den 1990er Jahren. Damals war das DJ-Duo Laserkraft 3D, das am Freitagabend die Massen an die große Freilichtbühne lockte, gerade im Grundschulalter.
„Die Vielfalt reicht vom groovigen Underground bis zu den ganz großen Stars“, sagt Veranstalter Nikolaus Schär. Zudem zeichne sich das Festival durch seine friedliche Atmosphäre aus. Keine größeren Vorfälle meldet auch die Polizei am Samstag. Auch wenn viele Raver nicht auf illegale Wachmacher verzichten wollen. Schon weit vor den Toren des Geländes filzen Beamte von Polizei und Zoll Fahrzeuge nach Drogen.
Bis zum Sonntag werden Polizei und Helfer vom Deutschen Roten Kreuz im Dauereinsatz sein. Für DJ Sander van Doorn geht die Reise hingegen direkt nach seinem Auftritt weiter. Er fliegt nach London und legt im olympischen Dorf für die niederländischen Athleten auf. Vom Hunsrück zum Weltereignis Olympia: „Für mich sind das beides Highlights.“