Kurz vor dem 95. Geburtstag Tatort, Praxis Bülowbogen - Regisseur Rolf von Sydow ist tot

Berlin · „Tatort“ oder Rosamunde Pilcher: Rolf von Sydow hat deutsche Fernsehgeschichte geschrieben. Und fürs Theater auch Shakespeare inszeninert. Jetzt ist er mit 94 Jahren gestorben.

Foto: dpa/Uli Deck

Er galt als Grandseigneur unter den deutschen Unterhaltungsregisseuren, vom „Tatort“ bis zu den legendären „Durbridge“-Krimis. Der Regisseur Rolf von Sydow ist am Sonntag im Alter von 94 Jahren gestorben. Er sei sanft eingeschlafen, sagte seine Ehefrau Susanne von Sydow am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Seine Karriere umfasste mehr als 130 Film- und Fernsehproduktionen, Theaterinszenierungen, Kabarettprogramme und Hörspiele. Für mehr als ein Dutzend Rosamunde-Pilcher-Romane im TV zeichnete der Regisseur verantwortlich. Außerdem betreute er mit großem Erfolg in den 90er Jahren die Serie „Praxis Bülowbogen“.

Ob „Tatort“, „Durbridge“, „Zwei Münchner in Hamburg“, „Jede Menge Leben“, „Heiß und Kalt“ oder Schauspieler-Porträts über Heinz Rühmann und Manfred Krug: Die exakte Zahl seiner Kino- und Fernsehfilme mit prominenter Besetzung kannte von Sydow selbst nicht genau.

Der gebürtige Wiesbadener mit jüdischen Wurzeln litt in der Nazi-Zeit unter Schikanen. Seine Erinnerungen an solche Erfahrungen hat er in seinem Buch „Angst zu atmen“ festgehalten. „Wenn die Nazis nicht gewesen wären, wäre ich wohl Offizier oder Diplomat geworden“, meinte er - so wie fast alle männlichen Sydows zuvor.

Stattdessen entdeckte er in kanadischer Kriegsgefangenschaft und als Mitglied der „Travelling Theatre Troupe of YMCA“ seine Leidenschaft für das Theater. Sydow wurde Schauspieler, Regieassistent, freier Regisseur und dazwischen Leiter des Fernsehspiels beim Südwestfunk (1973-77) sowie beim Saarländischen Rundfunk (1977-79). Anfang der 50er Jahre hatte von Sydow zunächst Hörspiele sowie Kabarettprogramme für die Berliner „Stachelschweine“ inszeniert und als Synchronregisseur gearbeitet.

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Foto: dpa/Angelika Warmuth

Immer wieder arbeitete er auch für das Theater. Zu seinen Bühnenarbeiten gehören Shakespeares „Wie es euch gefällt“ an den Städtischen Bühnen Dortmund und Gogols „Revisor“ im Schauspielhaus Zürich oder „Omelette Surprise“ in München. Gelebt hat von Sydow in Baden-Baden und Berlin.

Es gibt Regisseure, die ihre Schauspieler erniedrigen, angeblich um das Beste aus ihnen herauszuholen. So war von Sydow nicht: „Er liebt Menschen, und er liebte seine Schauspieler.“ So beschrieb ihn seine Frau Susanne, die als Cutterin mit ihm gearbeitet hat.

Die Zeit mit den Verfilmungen der Liebesromane von Rosamunde Pilcher (1994 bis 2002) hat sie in guter Erinnerung: „Es war mit unsere schönste Zeit.“ Die beiden waren seit den 80er Jahren verheiratet, für ihn war es die dritte Ehe. Mit fast Mitte 90 war von Sydow ein Pflegefall, der Kopf machte nicht mehr mit.

Seine Ehefrau schilderte ihn vor seinem 95. Geburtstag voller Wärme. Was ihr als Erstes zu ihm einfiel: sein Humor und seine Fähigkeit, den Leuten zuzuhören. Bei der Arbeit sei er nett zu allen gewesen, er habe keinen Unterschied zwischen der Putzfrau und dem Star gemacht. „Er war immer ein wohlwollender Mensch.“

(dpa)