Täter oft polizeibekannt Tatort Zugfahrt: Diebesbanden bestehlen zunehmend Bahnkunden

Berlin/München (dpa) - Die Diebe kennen viele Tricks. Beliebt ist dieser: Während einer der Täter den Reisenden um Hilfe beim Lesen des Fahrplans bittet, nimmt sein Komplize das Gepäck des Opfers mit.

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44 800 solche Delikte hat die Bundespolizei im vergangenen Jahr in Zügen und auf Bahnhöfen gezählt, wie die „Süddeutsche Zeitung“ am Montag berichtete. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Zuwachs von 25 Prozent. Schon von 2013 auf 2014 war die Zahl der Diebstähle um 20 Prozent angestiegen. 2016 dürften es noch einmal mehr Fälle werden.

Die Bundespolizei spricht nach Informationen der Zeitung von professionellen Tätern, die international unterwegs seien. Sie gingen arbeitsteilig in Gruppen von drei bis sechs Leuten vor: Ein Täter beobachte die Umgebung. Einer lenke das Opfer ab, das vielleicht mit einer offenen Handtasche oder einem Geldbeutel in der Hosentasche vielversprechend aussehe. Ein Dritter lange zu.

Die Deutsche Bahn fordert zum Schutz ihrer Kunden eine konsequentere Bestrafung von Taschendieben. „Uns machen insbesondere viele polizeibekannte Wiederholungstäter zu schaffen“, erklärte Sicherheitschef Hans-Hilmar Rischke. „Daher wünschen wir uns von der Justiz, dass Straftäter konsequenter bestraft werden und ihnen so das Handwerk gelegt wird.“

Der Konzern setzt im Kampf gegen die Täter auf Prävention. Plakate und Aufkleber in Zügen und Bahnhöfen etwa sollen die Kunden sensibilisieren. In einigen großen Bahnhöfen sind neben spezialisierten Polizisten auch von der Bundespolizei ausgebildete Sicherheitskräfte des Unternehmens in Zivil unterwegs. Sie seien in der Lage, typisches Verhalten zu erkennen und Taschendiebe schließlich zu stellen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) dringt auf eine verstärkte Einstellung von Ermittlungsbeamten. Dies sei nötig, um die notwendige Kriminalitätsbekämpfung und Ermittlungsarbeit wirkungsvoll bewältigen zu können, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das Sicherheitsgefühl der Menschen werde nicht nur von Terrorakten negativ beeinflusst. „Wenn die Bevölkerung die Überzeugung entwickelt, dass Wohnungseinbrüche, Fahrraddiebstähle oder Sachbeschädigungen offenbar ungeahndet bleiben, weil schlicht kein Personal mehr da ist, welches auch solche Fälle überhaupt bearbeitet, ist der Rechtsstaat in Gefahr.“

Zuletzt hatte die Bahn angekündigt, die Zahl ihrer Sicherheitskräfte um 500 auf 4200 zu erhöhen. Investiert wird auch in intelligente Videotechnik, die etwa per Software-Auswertung herrenlose Koffer, Menschen auf Gleisen oder mögliche Taschendiebe erkennen kann. Jeder Mitarbeiter mit Kundenkontakt erhalte eine neue Grundausbildung für brenzlige Situationen. Für die konzerneigenen Sicherheitskräfte sollen Fitness und Ausdauer sowie Kampfsportelemente Kernelemente der Ausbildung werden.