Test: Wirte tricksen das Gesetz aus
In den Raucherclubs wird gequalmt, getrunken und gegessen. Ob der Gast Mitglied ist, wird kaum kontrolliert.
Düsseldorf. Eine schummrige Eckkneipe im Herzen der Düsseldorfer Altstadt. "Raucherclub - Mensch. Kultur. Kneipe." steht auf einem Aufkleber an der Tür. Drei Männer sitzen am Tresen, rauchen, klönen und genießen ihr Alt. Eine Frau tritt ein, setzt sich dazu und bestellt eine Cola. Sie packt ihre Zeitung aus und beginnt zu lesen.
Als sie an ihrem mittlerweile servierten Getränk nippt, geht ihr auf einmal ein Licht auf und sie fragt die Bedienung: "Entschuldigung, müsste ich nicht eigentlich eine Mitgliedschaft oder etwas ähnliches beantragen?" Die Dame hinter der Zapfhahn antwortet gelassen:
"Ja, stimmt. Ich vergesse das manchmal." Danach kramt sie ein Aufnahmeformular raus und lässt es ausfüllen: Name, Adresse, Geburtsdatum, Unterschrift - fertig. Schon ist der Gast im illustren Raucherclub dabei, der mittlerweile über 500 Mitglieder zählt. "Die Touristen, die an den Wochenenden reinschneien, mal nicht mitgezählt."
Seit dem 1. Juli gilt in NRW das Nichtraucherschutzgesetz auch in allen Gastronomiebetrieben. Das bedeutet, dass grundsätzlich nicht geraucht werden darf. Aber keine Regel ohne Ausnahme - so auch in diesem Fall.
Die Gastronomen haben zwei Optionen, das Gesetz zu umgehen: Sie richten einen abgeschlossenen Raucherraum ein oder überlassen ihre Räumlichkeiten einem Raucherclub, der in den meisten Fällen von einem Stammgast gegründet wird. Dadurch verpflichten sie sich aber, den Einlass nur Mitgliedern des Clubs und deren Gästen zu gewähren.
Unsere Zeitung hat mit einer Testerin im Schlepptau sechs Raucherclubs in Düsseldorf besucht und überprüft, wie die Kontrollen gehandhabt werden. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur in einem der Clubs wurde sofort nach dem Betreten auf die Mitgliedspflicht hingewiesen - schließlich darf Laufkundschaft laut NRW-Gesundheitsministerium keinen Zutritt erhalten.
Und: In den Raucherclubs wird nicht nur gequalmt, sondern auch eifrig getrunken und gegessen. Beides dürfte eigentlich, so hatte das Ministerium die Gastronomie informiert, nur "in kleinerem Umfang" möglich sein.
"Ach ja, das macht der Nachmittag", sagt ein Wirt, der nicht nach der Mitgliedschaft gefragt hat. "Am Wochenende kontrollieren wir die Gäste aber bereits an der Tür." Deswegen stellt der bekennende Kettenraucher auch Mitgliedsausweise aus, was allerdings nicht verpflichtend ist. "Dann geht das schneller voran."
Er hält das Rauchverbot "für ganz großen Mist" und hofft, dass die Verfassungsrichter es am 30.Juli kippen. Zwei Kneipiers aus Berlin und Tübingen hatten geklagt, die Richter wollen an diesem Tag ihr Urteil verkünden. "Dann können sich alle Düsseldorfer Wirte vor dem Rathaus treffen und die ganzen Mitgliedsformulare verbrennen." Er selbst würde für ein ganz schön großes Feuer sorgen: 5000 Mitglieder hat sein Raucherclub grob geschätzt bereits.
"In NRW ist es ganz einfach, einen Raucherclub zu gründen", sagt er, "und man hat auch keinerlei Auflagen zu erfüllen." Die Mitgliedsformulare müssten noch nicht einmal in irgendeiner Form sortiert werden, sondern nur vorhanden sein. "Einmal kam die Polizei vorbei und wollte sie sehen", erzählt der Kneipier.
"Als ich den Beamten die dicken Ordner auf den Tisch legte, damit sie überprüfen können, ob meine Gäste auch alle brav Mitglieder sind, haben die einfach wortlos kehrt gemacht." Kein Wunder - das Prozedere hätte wahrscheinlich selbst mit einer Hundertschaft Stunden gedauert.
Szenenwechsel: eine edle Bar in Düsseldorf-Friedrichstadt. Auch hier wieder das gleiche Spiel, niemand kümmert sich darum, ob nur Club-Mitglieder ein- und ausgehen. Die hübsche Bardame hat auch direkt die passende Ausrede parat: "Heute ist nur eine Bedienung im Einsatz - sie ist ganz schön im Stress. Sonst legen wir jedem, der rauchen will, ein Aufnahmeformular hin." Aus ihr spricht die Unkenntnis:
Denn auch Nichtraucher müssen Mitglieder des Raucherclubs sein, wenn sie den Club betreten. "Wir haben schon zwei Ordner voll", sagt sie. "Wahrscheinlich werden wir den Leuten jetzt bald Ausweise zuschicken und in Zukunft an der Tür kontrollieren." Aber so genau wisse sie auch nicht, wie das später einmal ablaufen soll. Wahrscheinlich spekuliert man auch hier auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes.
Doch nicht jeder Gastronom muss sein Lokal komplett der Raucherlobby überlassen. In der Überlassungserklärung zwischen ihm und dem Club kann auch ein zeitlicher Umfang der Nutzung festgelegt werden.
So gesehen bei einem Mittelklasse-Italiener. Mittags wird hier qualmfrei gegessen, "ab 21 Uhr ist geschlossene Raucher-Gesellschaft", erklärt ein Kellner. "Denn dann wollen die Gäste lieber etwas trinken und dabei rauchen."