Tod einer Diva: Vor einem Jahr starb Whitney Houston
New York (dpa) - Die Story wirkte wie ausgedacht: Kleines schwarzes Mädchen aus New Yorker Vorstadt singt in der Kirche, wird zum Superstar und stürzt wieder ab. Vor einem Jahr (11. Februar) starb Whitney Houston - und ein Teil der Geschichte ging erst los.
Die Diva lag mit dem Gesicht nach unten im heißen Badewasser. Stunden zuvor war noch von einem Comeback und ihrem neuen Film gesprochen worden, jetzt war die Sängerin und Schauspielerin, die einstige Queen of Pop, tot. Und noch während die Leiche im Hotelzimmer in Beverly Hills lag, setzte wie bei Michael Jackson drei Jahre zuvor die völlige Vermarktung ein.
Whitney war Gänsehaut. Wenn sie sang, ins Mikrofon seufzte oder einfach nur die Liedzeilen hauchte, konnten ganze Stadien in Stille erstarren. Wenn sie losrockte, ob mit Pop-, Blues- oder Gospel-Songs, kochten ganze Hallen. Und wenn sie mit ihren großen Augen von der Leinwand blickte, gerieten Millionen Kinozuschauer ins Träumen. Queen of Pop? Eigentlich war sie die Göttin des Pop.
Obwohl Houston in den letzten Jahren mehr mit Alkohol und Drogen als mit Musik und Filmen Schlagzeilen gemacht hatte, war die Nachricht von ihrem Tod im Alter von 48 Jahren ein Schock. Freunde beschrieben, dass die Künstlerin noch kurz zuvor munter und fröhlich mit ihrer Tochter im Hotel-Pool gebadet habe. Weniger später war sie tot.
Ja, Houston hatte eine Herzerkrankung. Aber es wurde auch Kokain im Blut gefunden. Neben der Leiche lagen Pillenfläschchen und auf einem Spiegel ein weißes Pulver. Das Wasser in ihrer Wanne war so heiß, dass sie Verbrühungen an ihrem Körper hatte. Sie lag vermutlich eine Stunde tot im Wasser. Todesursache: ertrunken, „die Folge einer Herzerkrankung mit Arterienverkalkung und von Kokainkonsum“.
„Ich bin tieftraurig über den Tod meiner Ex-Frau“, ließ Soulsänger Bobby Brown verlauten. „Ich bitte zu diesem Zeitpunkt um Ruhe, insbesondere für meine Tochter Bobbi Kristina.“ Gleich nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter war die 18-Jährige zweimal im Krankenhaus, einmal wegen „Stress und Erschöpfung“, das zweite Mal, weil sie „hysterisch, erschöpft und nicht zu trösten“ gewesen sei.
Die Trauerfeier war nicht so pompös wie die für Michael Jackson, dessen ebenso von Höhen und Tiefen geprägtes Leben nur ein paar Meilen entfernt geendet hatte. Aber Kevin Costner, ihr Partner aus „Bodyguard“, war da und sagte: „Jetzt ist eine junge Frau im Himmel, die Gott staunen lässt, wie er so etwas Perfektes erschaffen konnte.“
Der Übergang vom Gedenken zur Vermarktung war fließend. Einen Monat nach dem Tod gab die ganze Familie Oprah Winfrey ein Interview - und bescherte dem Fernsehkanal der Talkqueen die höchste Quote seiner Geschichte, noch deutlich vor dem kürzlichen Lance-Armstrong-Interview. Im Herbst startete eine Dokusoap, die von der „Los Angeles Times“ als „aufdringlich und unbehaglich“ bezeichnet wurde. Immerhin gut eine Millionen Menschen sind dabei, wenn die Houstons beten, streiten oder zum nächsten Interview eilen.
Die Familie macht weiter Schlagzeilen: Bobbi Kristina verkündete, mit Nick Gordon verlobt zu sein - mit dem Jungen war sie zusammen aufgewachsen, angeblich wurde er von ihrer Mutter Whitney adoptiert. Papa Bobby Brown (43) wurde von der Polizei wegen Alkohols am Steuer aus einem Auto geholt. Einen Monat später sorgte wieder Tochter „Bobbi Kris“ für Schlagzeilen, als sie einen Autounfall baute.
„Sie kommt nicht gut damit klar“, sagte ihre Großmutter Cissy Houston im Januar. Sie sorge sich, dass ihre Enkelin den Druck nicht aushalte und den selben Weg wie ihre Tochter gehe. „Ich will das nicht herbeireden. Ich will einfach tun, was ich tun kann, damit es ihr nicht so ergeht.“
Pünktlich zum ersten Todestag hat Cissy Houston ein Buch herausgebracht über ihre Tochter und deren wildes Drogen-Leben („Remembering Whitney“). Das stößt bei ihrer Enkelin auf wenig Gegenliebe: Sie finde das Buch „respektlos“ und werde es nicht lesen, twitterte die inzwischen 19-jährige Bobbi Kristina.