Tod in Wien: War es Kannibalismus?

Ein Deutscher soll einen Obdachlosen brutal ermordet haben.

Wien. Auf eine bestialische Weise soll ein 19-jähriger Deutscher einen Obdachlosen in Wien getötet und möglicherweise Teile der Leiche gegessen haben. Eine Putzfrau hatte die nackte, blutüberströmte und ausgeweidete Leiche des 50-jährigen Mannes gestern Morgen in der gemeinsamen Sozialwohnung von Opfer und Täter gefunden.

Die Polizei nahm den verdächtigen Deutschen am Tatort im 15. Wiener Bezirk fest. Er hatte einen blutverschmierten Mund. Im Nebenzimmer fanden die Beamten einen Teller mit Innereien des Opfers. "Wie weit er versucht hat, sie zu essen, wissen wir noch nicht", sagte Polizeisprecher Gerald Höbarth. Zuvor soll der ebenfalls obdachlose 19-Jährige seinem Mitbewohner mit einer zehn Kilogramm schweren Hantel den Schädel eingeschlagen und ihn mit einem Springmesser aufgeschnitten haben. Die Leiche lag mindestens seit einem Tag in der Wohnung.

"Gestern ist der Junge hier noch ein und aus gegangen, als sei nichts gewesen", sagt die 66-jährige Nachbarin Edith Becker am Nachmittag nach dem Verbrechen. Sie und andere Nachbarn beschreiben den 19-Jährigen als geistig verwirrt und aggressiv. Er sei kaum ansprechbar gewesen und habe oft mit sich selbst geredet. "Ich hatte oft Angst um meine 15-jährige Tochter", sagt eine 55-jährige Frau, die ebenfalls in dem schmucken, dreistöckigen Gründerzeithaus wohnt. Das Opfer beschreiben die Nachbarn als netten, zurückhaltenden und höflichen Mann, er habe jedoch häufig mit dem 19-Jährigen gestritten.

Nach Polizeiangaben verweigert der mutmaßliche Täter jede Aussage. Der Sohn einer Familie aus Köln ist in Österreich geboren und aufgewachsen. Bei seiner Festnahme am Tatort soll er jedoch gesagt haben: "Wir haben drei Tage lang einen Kampf gehabt." Wegen sehr schwerwiegenden Tatverdachts bleibt er weiterhin in Untersuchungshaft, die Leiche wird von Gerichtsmedizinern untersucht.

Die beiden Obdachlosen hatten gemeinsam in der von einem freiberuflichen Sozialarbeiter betreuten Wohnung gelebt. Nach Aussage des Betreuers hat es keine Anzeichen für die Tat gegeben: "Wenn wir das in irgendeiner Form gesehen hätten, hätten wir die Person früher isoliert."

Die Nachbarn sind da jedoch anderer Ansicht. Sie hätten fast wöchentlich die Polizei rufen müssen, da lauter Streit aus der Wohnung im Erdgeschoss drang. Auch am vergangenen Sonntag war es wieder laut, ein Nachbar will sogar Hilferufe gehört haben. Da die meisten Hausbewohner schon resigniert hätten, habe aber niemand die Polizei gerufen.

Der Wiener Gerichtspsychologe Reinhard Haller geht von einer schweren Psychose des Täters aus. Die psychotische Reaktion könnte etwa durch Alkohol oder Drogen ausgelöst worden sein.