Tod unter der Spielplatzschaukel: Tränen, kein Urteil

Tödlicher Unfall auf einem Spielplatz: Eine 18-Jährige stirbt, als eine Holzschaukel zusammenbricht. Das Strafverfahren gegen den Spielplatzkontrolleur stellt das Gericht ein. Aber wer hat dann Schuld?

Blumen und ein Foto erinnern auf dem Spielplatz in Datteln an den tödlichen Unfall der 18-Jährigen mit einer eingestürzten Schaukel.

Foto: Bernd Thissen

Recklinghausen. Mit Freunden sitzt die 18-Jährige auf einer Pendelschaukel auf einem Spielplatz in Datteln. Plötzlich knickt ein sechs Meter langer Holzpfosten des Gerüsts ein. Während ihre Begleiter mit dem Schrecken davon kommen, wird die Schülerin von dem Pfosten getroffen. Erst an der Hüfte, und weil der 20 Zentimeter dicke Mast nach dem Aufprall noch einmal hochschnellt, auch am Kopf. Die 18-Jährige stirbt noch auf dem Spielplatz.

Vor dem Amtsgericht Recklinghausen soll am Donnerstag die Schuldfrage geklärt werden. Auf der Anklagebank sitzt ein städtischer Gärtner - weil er angeblich das Schaukelgerüst nicht genug kontrolliert hat. Doch das lässt sich nicht beweisen. Das Gericht stellt das Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen den 61-Jährigen ein. Die Großeltern des Mädchens nehmen sich nach der Entscheidung weinend in die Arme.

Der Gärtner hatte die Schaukel nur zwei Tage vor dem Unglück einer Funktionsprüfung unterzogen. „Ich habe mich draufgesetzt und mit einem Hammer vor das Holz geklopft“, sagt er den Richtern. „Dabei habe ich nichts festgestellt. Alles sah gut aus.“ Was der 61-jährige Spielplatzkontrolleur nach Überzeugung des Gerichts nicht sehen konnte: Der sechs Meter lange Pfosten war unterhalb der Grasnarbe verrottet. Das wäre bei der jährlichen Hauptprüfung aufgefallen, weil dabei auch ein Spaten zum Einsatz kommt. Doch diese Prüfung war noch nicht wieder fällig.

Der Angeklagte hielt sich - so sieht es das Gericht - bei seinen Prüfungsintervallen an die gesetzliche Norm. Nach Ansicht eines Holzgutachters liegt die Hauptschuld deshalb beim Hersteller der Schaukel: „Der Hersteller hätte wesentlich mehr Angaben zu Sicherheit und Wartung liefern müssen“, sagt der Experte vor Gericht. „Meiner Meinung nach konnten die verantwortlichen Personen bei der Stadt gar nicht wissen, wie oft geprüft werden sollte.“ Die Unterlagen seien lückenhaft.

Richterin Britta Nowak schließt sich dieser Einschätzung an: „Der Hersteller hat sich nicht an die Vorgaben gehalten und die Warnhinweise nicht mit auf den Weg gegeben, die erforderlich gewesen wären.“ Die Staatsanwaltschaft will nun prüfen, ob sie Ermittlungen gegen die Herstellerfirma aufnimmt.

Für die Großeltern des Mädchens ist die Einstellung des Strafverfahrens ein Schock. „Wir sind immer noch wütend“, hatte der 72-jährige Großvater schon vor Prozessbeginn erklärt. „Jeder Bauer weiß doch, wenn er einen Zaunpfahl in die Erde steckt, ist der nach ein paar Jahren morsch.“ Das Unglück habe die ganze Familie zerstört. „Wir bringen immer noch Blumen zu dem Spielplatz.“

Auch den Angeklagten hat das tödliche Drama schwer mitgenommen. Er war rund ein Jahr krankgeschrieben und leidet an depressiven Phasen. Seinen Job als städtischer Spielplatzkontrolleur kann er nach eigenen Worten nicht mehr ausüben: „Ich mache um jeden Spielplatz einen Bogen.“