Tolle Optik, mieser Ton: Das Eurovision-Halbfinale

Düsseldorf (dpa) - Nein, man sende nicht aus Kasachstan, knurrte der altgediente Grand-Prix-Kommentator Peter Urban, als am Dienstagabend im ersten Halbfinale des Eurovision Song Contest plötzlich der Ton ausfiel.

Auch Lena, die das Geschehen für das schweizerische Fernsehen kommentierte, blieb nichts anderes übrig, als zum Telefon zu greifen.

Insgesamt fiel der Kommentar in mindestens zehn Ländern vorübergehend aus. „Das darf 2011 echt nicht passieren“, fügte Urban nach der Sendung hinzu. Zumindest muss man nun nicht mehr befürchten, dass den Deutschen in der englischen Presse wieder kalte Effizienz nachgesagt wird. Das ist einfach die neue „German Lockerheit“, so muss man das sehen. Konsensmeinung ist allerdings, dass sich die „Monsterpanne“ (Moderator Matthias Opdenhövel) im zweiten Halbfinale nicht wiederholen darf.

Weitere Überraschung: Mehrere Favoriten sind schon draußen, bevor es überhaupt richtig angefangen hat. Rausgeflogen sind unter anderem Norwegen („Haba Haba“), Armenien („Boom Boom“) und auch die Türkei. Mancher Experte fasst dies als persönliche Beleidigung auf und schimpft jetzt auf die Kulturlosigkeit von Juroren und Zuschauern, die je zur Hälfte entschieden hatten, wer weiterkommt.

Eine gute Figur machten die Schweizerin Anna Rossinelli mit einem Stück handgemachter Musik und die Serbin Nina, die es wagte, in ihrer eigenen Sprache statt auf Englisch zu singen. Der Finne Axel Ehnström alias Paradise Oskar, der mit seiner Gitarre und einem Hemd aus recycelten Altkleidern wie eine „männliche Nicole“ (Grand-Prix-Experte Jan Feddersen) rüberkam, wusste die Düsseldorfer Arena zu begeistern.

Den Einzug ins Finale schafften außerdem Litauen, Griechenland, Aserbaidschan, Georgien, Ungarn, Russland und Island. Quotenmäßig verlief der Start in den Eurovision Song Contest in Deutschland recht unauffällig: 2,05 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 7,9 Prozent) verfolgten die Übertragung. Mit dieser Quote lag ProSieben hinter der ARD, RTL, Sat.1 und ZDF.

Am Donnerstagabend steht schon das zweite Halbfinale bevor, dann hat der Topfavorit Jedward aus Irland seinen Auftritt mit „Lipstick“. Lena hat die eineiigen Zwillinge mit der Riesentolle bereits auf ihrem Hotelzimmer besucht, um dort mit ihnen auf den Bettmatratzen rumzuhüpfen. Man muss bedenken, dass die meisten Kulturschaffenden dieses Events noch nicht lange volljährig sind.

Im zweiten Halbfinale werden noch mal zehn Teilnehmer ausgewählt. Die Deutschen haben ihren Platz bereits sicher, „weil die am meisten Kohle zahlen, das ist wie in der Europäischen Union“ (Comedian Kaya Yanar). Erwarten darf man wieder eine perfekte Bühnenshow mit Knalleffekten, Kulissenblitz und großem Rauch, wobei natürlich das Lena-Wort gilt: „Beim Hören muss es stimmen.“

Eine Überraschung der ersten Halbfinal-Show war übrigens auch das zurückhaltende Auftreten von Stefan Raab (44). Des Widerspenstigen Zähmung hat wohl etwas mit der englischen Sprache zu tun, in der er nicht so zu Hause ist. Wenn Raab zuvor behauptet hatte, er werde auf der großen Düsseldorfer Bühne einfach das abziehen, was er jeden Abend bei „TV Total“ mache, so war das reine Prahlerei: Über ein paar auswendig gelernte Kalauer kam er nicht hinaus.

Judith Rakers (35) wirkte souverän, aber auch distanziert - typisch „Tagesschau“ eben. Auftrumpfen konnte Anke Engelke (45), die locker in drei Sprachen parlierte und dabei sogar noch einen spontanen Witz hinbekam: „Halbzeit as we say in German, which means Halbzeit.“

Lena schmiedet unterdessen schon Pläne für nach dem Grand Prix. Zu ihrem Geburtstag am 23. Mai bekommt sie einen Hund, um den sie sich dann kümmern kann, einen Bolonka Zwetna namens Fuzi, „ganz klein und weiß und kuschelig“. Außerdem erwäge sie ein geisteswissenschaftliches Studium, sagte sie am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa, zum Beispiel Theologie: „Ich finde das total interessant - irgendwas mit Religion oder so.“