Transplantation: Neue Arme nach sechs Jahren

Sensation: Erstmals gelingt es Ärzten, zwei komplette Arme zu transplantieren. Der Patient in der Münchner Uni-Klinik hatte seine bei einem Unfall 2002 verloren.

München. Sechs Jahre liegt der schreckliche Unfall zurück, der das Leben eines Bauern aus dem Allgäu für immer veränderte: Mit beiden Armen war der heute 54-Jährige in den Maishäcksler geraten - sie waren nicht mehr zu retten. Eine medizinische Sensation eröffnet ihm nun die Chance auf ein neues Leben. In einer mehr als 15-stündigen Operation transplantierten ihm fünf Operationsteams am Münchner Klinikum zwei komplette Arme.

Zehn Tage liegt der Eingriff nun zurück. Dem nicht namentlich genannten Patienten gehe es "den Umständen entsprechend gut", teilten die Ärzte mit. Gerührt berichtete Christoph Höhnke, einer der plastischen Chirurgen, vom ersten Besuch der Ehefrau des 54-Jährigen nach der Operation: "Die Frau nahm die Hände des Patienten und sagte: ,Die sehen ja aus wie deine früher.’"

Hände und Unterarme werden schon seit längerem erfolgreich transplantiert. Mit der Verpflanzung von zwei kompletten Armen betraten die Münchner Mediziner jedoch Neuland. Dem spektakulären Eingriff gingen jahrelange Vorarbeiten voraus.

Zwar hätten die Chirurgen bereits Erfahrungen in Tierversuchen mit Hunden gesammelt, sagt Höhnke, der zusammen mit seinem Kollegen Edgar Biemer die Operation leitete. Aber die Transplantation habe man zuvor auch noch mit zwei Leichen bis ins Detail üben müssen.

Dann musste nur noch ein männlicher Spender gefunden werden, der bei Alter, Hautfarbe, Größe und Blutgruppe zum Empfänger passte. Am Abend des 25. Juli war es soweit. Allerdings war der Verstorbene größer als der Empfänger. "Wir mussten die Knochen in der richtigen Länge abschneiden", sagte Unfallchirurg Ulrich Stöckle. "Die knöcherne Heilung wird nun der kritische Punkt sein."

Und es gibt eine Reihe weiterer Risiken: Der Eingriff ist eine große immunologische Herausforderung, weil sowohl Haut als auch Knochenmark bei Transplantationen zu starken Abstoßungsreaktionen neigen. Dagegen bekommt der Patient sein Leben lang Immunsuppressiva, die die Abwehrreaktionen des Körpers unterdrücken, ihn aber auch anfälliger für Krankheiten machen.

Wegen des langsamen Wachstums der Nervenzellen wird nach Angaben der Ärzte erst in ungefähr zwei Jahren feststehen, ob der Mann auch in den Händen wieder ein normales Gefühl haben wird. Sie sind aber optimistisch, dass er dann zumindest wieder greifen kann.

Bis dahin braucht er vor allem starke Nerven. Ein solcher Eingriff und die Folgen seien immer eine sehr große emotionale Belastung, betont Reiner Gradinger. Aber der Patient sei "ein sehr gut geerdeter Mann, und er hat eine Familie, die zu ihm hält", sagte die Transplantations-Psychologin Sibylle Storkebaum. Er sei jetzt glücklich, aber nicht euphorisch.