Trend in den USA: Kunst aus Zeiten der Weimarer Republik

New York (dpa) - Im New Yorker Museum Neue Galerie hängt eine Verkehrsampel. Sie baumelt von der Decke, ist mehr als einen Meter groß und blinkt ständig in derselben Farbe. Gelb.

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Die Ampel ist Teil der neuen Ausstellung des Museums, ihr Blinken wirkt als hübsches Symbol: In „Berlin Metropolis“ geht es auch um eine Zwischenphase deutscher Geschichte. Gezeigt werden mehr als 400 Ausstellungsstücke zu den Jahren 1918 bis 1933, also jener Zeit zwischen den Weltkriegen, in der in Berlin alles möglich schien.

Am Donnerstag (1.10.) startet die bis 4. Januar 2016 laufende Ausstellung, und sie ist ein weiterer Beweis für eine akute Faszination der US-Amerikaner: Sie sind begeistert von der Weimarer Republik und der Geschichte der Hauptstadt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bei der New Yorker Schau zeigt sich das in drei Teilen. Auf den Wirtschaftsboom zu Beginn der 1920er Jahre folgt der Aufstieg der „Neuen Frau“ und schließlich „Into the Abyss“, ein Blick in den Abgrund und auf die beginnende Herrschaft der Nationalsozialisten.

„Wir wollen die Realität dieser Zeit zeigen - und den Mythos“, sagt die Museumssprecherin Rebecca Lewis mit Blick auf die vielen Werke zu Cabaret und Tanzschauen der damaligen Zeit. Ohnehin ist stets erkennbar ist, wie prägend diese Jahre für die Kultur weltweit waren. Zu sehen sind Bilder von Filmbauten aus Metropolis, die noch heute an die Kulissen aus „Die Tribute von Panem“ erinnern. Viele der ausgestellten Berliner Aufnahmen hätten auch in New York entstehen, statt Christian Schad hätte auch Edward Hopper die Entfremdung der modernen Frau malen können. Die Einsamkeit der Großstadt und der oft damit verbundene Wunsch nach dem exzessiven Ausleben der eigenen Person waren ein weltweit aufkommendes Metropolen-Phänomen.

Zu sehen ist der Exzess der Goldenen Zwanziger, der nicht gedacht werden kann ohne den Untergang im Zweiten Weltkrieg. „Wir zeigen in unseren Ausstellungen häufig diesen Zusammenhang zwischen Sex und Tod“, sagt Lewis über die Neue Galerie, die mit vorwiegend deutscher und österreichischer Kunst zwischen 1890 und 1940 eine Nische in der Museumslandschaft New Yorks besetzt.

Die Ausstellung an der Ostküste passt zu einer landesweiten Entwicklung in Kunst und Kultur: In Los Angeles zeigt das County Museum of Art (LACMA) von Sonntag an (4.10.) eine ebenfalls prominent ausgestattete Schau zur Neuen Sachlichkeit. Mit 180 Arbeiten widmen sich die Kuratoren dort ebenfalls der Weimarer Republik von 1919 bis 1933 und zeigen unter anderem Max Beckmann, Otto Dix und George Grosz. Das New Yorker Museum of Modern Art wird sich ab Ende Oktober mit einer Ausstellung der Frage widmen, wie der menschliche Körper im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg dargestellt wurde.

Doch in den Museen hört der Trend nicht auf. In den US-Kinos läuft seit Wochen „Phoenix“ mit Erfolg, ein Identitätsdrama über das Ende des Krieges in Berlin. Nach exzellenten Kritiken steht der düstere Film mit Nina Hoss in der Hauptrolle bei rund drei Millionen Dollar Einspielergebnis - für einen ausländischen Film ein bemerkenswertes Ergebnis. Und auch Timur Vermes' Hitler-Satire „Er ist wieder da“ fand in den USA Beachtung mit guten Rezensionen und als eine „Sommer-Leseempfehlung“ der „New York Times“.

Es gibt also ein umfassendes Interesse - und auch die Neue Galerie bleibt nicht bei einer reinen Betrachtung von Bildern oder Fotografien stehen. Zu sehen sind auch Filmplakate vom Marlene-Dietrich-Film „Der blaue Engel“, Kleidungsstücke und Schmuck der aufstrebenden Tänzerinnen sowie Programmhefte aus einem Varieté mit Josephine Baker als Star. Über dem Raum zum Bild der modernen Frau hängt sogar Parfumduft. „Es gibt wahrscheinlich einfach gerade einen „Weimar Moment““, sagt Lewis. Und vermutlich eine Faszination für das Thema Berlin, ergänzt sie. „Wir bieten im Museumsrestaurant begleitend sogar Currywurst.“