Tretboot, Luxusjacht und ein „rattenstarkes Gefühl“
Düsseldorf (dpa) - Die Düsseldorfer Wassersportmesse „boot“ ist die Leistungsschau der Branche. Der neue Trend: Besucher können sich aufs Wasser begeben und Kapitän spielen.
Der Rhein ist gleich um die Ecke, aber die „boot“ (21. bis 29. Januar) hat ihren eigenen Fluss. In Halle 13 der Düsseldorfer Messe windet sich eine 90 Meter lange Wasserstraße um eine kleine Insel mit Nadelbäumchen, dahinter verbreitet eine gigantische Fototapete Gebirgsatmosphäre. Und das alles, um die Besucher der weltgrößten Wassersportmesse sprichwörtlich ins Boot zu holen. Kanubauer Olaf Gatz hat seinen Zweisitzer in den künstlichen Fluss gesetzt und blickt milde auf die Paddelversuche. „Wir hoffen, dass möglichst viele Besucher Spaß haben“, sagt der Kölner. Und wer in der Paddelabteilung ein Kajak oder einen Kanadier kauft, kann das Boot praktischerweise gleich testen.
Etwa 700 große und kleine Boote füllen auf der Wassersportmesse „boot“ die 17 Messehallen. Es sind kleine Schiffe für vergleichsweise wenig Geld dabei und millionenschwere Luxusjachten mit ausgefeilten Küchen, Fernsehern, dicken Teppichen und allem erdenklichen Komfort der First Class. Viele Schiffe können besichtigt werden. Nur die Schuhe müssen Besucher dafür ausziehen und sich vorsichtig an Bord bewegen. Zwar liegt die Flotte in den Messehallen auf dem Trockenen, aber viele Boote stehen da mit aufgezogenen Segeln, als solle es gleich losgehen.
Hoch im Kurs stehen Schiffe der einfachen und mittleren Klasse. Die in Polen gebaute „Pegazus Escapade 600“ ist so eine günstige Gelegenheit: Das Kajütboot ist knapp sechs Meter lang, hat ein Cabrioverdeck und ein begehbares Sonnendach. Für 20 000 Euro ist es erschwinglich für Einsteiger und tauglich für Binnen- und Küstengewässer. Eine bestimmte Zielgruppe gibt es nicht, sagt Jerzy Wasilczuk, der Vertreter des Herstellers in Deutschland, und strahlt: „Es ist für alle.“
Ein nobles Sportboot mit kantigen Linien hat die Dresdener Manufaktur Schaaf mitgebracht: Von dem knapp zehn Meter langen Bootstyp kommen nur neun Stück auf den Markt. Wo sonst an Schiffen das Chrom glänzt, sticht hier Gold ins Auge. Die Teile wurden mehrfach mit dem Edelmetall beschichtet, berichtet Bootsbauer Andy Krüger. Die matt-orangen Polster sind aus Leder. Weiß ist eigentlich die Grundfarbe der Schiffe, aber dieses Motorboot ist dunkelbraun gestrichen - die 1970er Jahre sind zurück.
Sehr viel karger sieht der Katamaran von Klaus Enzmann aus Planegg bei München aus. Seit vielen Jahren tüftelt er an einem superschnellen Tragflächen-Katamaran. „Wir suchen einen Sponsor“, sagt der 71-Jährige zu seinem Messeauftritt. Sein Boot bietet im Mittelcockpit ein oder zwei Seglern Platz. An die 70 Stundenkilometer kann der Flitzer auf dem Wasser schnell werden. „Ein rattenstarkes Gefühl ist das“, sagte der Ingenieur mit ansteckendem Elan.
Bei Karl Steinbauer geht es gemütlicher zu. Der Österreicher stattet Tretboote mit Elektromotor aus. Die Weltneuheit sei etwas für Privatleute, Hotels oder Verleiher, berichtet er. Treten müssen die Freizeitsportler aber trotzdem. „Aber man kann weite Strecken fahren“, sagt der Mann aus der Steiermark. Die erste Serie von 50 Stück sei fast fertig, das Interesse groß. Etwa 7000 Euro muss ein Privatmann berappen. Ein Tretboot liegt zum Ausprobieren in einem Schwimmbecken.
Ohnehin wird die „boot“ immer mehr zu einer Mitmachmesse. Denn die Wassersportbranche hat ein Nachwuchsproblem. Manch ein Messegast sitzt vielleicht auf dem kleinen Fluss in Halle 13 zum ersten Mal in einem Paddelboot. Oder er traut sich in der Trendsporthalle auf ein kibbeliges Brett im Becken der Stand-up-Paddler. Oder eben in ein Tretboot mit Motor.