TV-Jahr 2011: Abschiede, Neuanfänge und Skandale
Berlin (dpa) - Samstag, 3. Dezember, 23.18 Uhr. Er steht im Scheinwerferkegel und richtet mit einem strahlenden Lächeln seine Abschiedsworte an die Fernsehnation. „Gute Nacht, es war eine tolle Zeit, auf Wiedersehen.“ Thomas Gottschalk verabschiedet sich von fast 15 Millionen Zuschauern von „Wetten, dass..?
“.
Der Countdown für dieses Ereignis dauerte fast das ganze Jahr, das auch sonst nicht gerade arm an Höhepunkten im deutschen Fernsehen war. Doch Gottschalk lieferte 2011 wegen seines Rücktritts die wohl wichtigste Personalie.
Personalie Nummer zwei: Im Februar gelang dem ZDF (mit der „Hörzu“) eine Überraschung, als zum Schluss der Goldenen Kamera die frühere „Sportschau“-Moderatorin Monica Lierhaus nach zwei Jahren schwerer Erkrankung zu ihrem Bildschirm-Comeback kam. Die damals 40-Jährige war noch sichtlich geschwächt und machte vor laufender Kamera und zur Rührung der TV-Nation ihrem Lebensgefährten Rolf Hellgardt einen Heiratsantrag. Ihr anschließendes Engagement für die ARD-Fernsehlotterie bekam öffentlich Kritik - wegen der hohen Gage.
Personalie Nummer drei: Auch sie war - wie im Fall Gottschalk - von langer Hand vorbereitet. Günther Jauch lieferte am 11. September in der ARD sein Debüt als Polittalk-Moderator. Der 55-Jährige, der schon einmal einen Anlauf bei der ARD unternommen hatte, wurde für seine ersten Einsätze am begehrten Sonntagabend in der ARD gelobt und auch kritisiert. Fest steht, dass er auch dank der Vorgabe durch den „Tatort“-Krimi die besten Talk-Quoten für das Gemeinschaftsprogramm erzielt. Die Verlierer sind die anderen.
Jauch steht ja bloß an der Spitze eines umfassenderen ARD-Projekts. Andere Talker, zum Beispiel Jauchs Sendeplatz-Vorgängerin Anne Will, mussten sich aufgrund seiner Verpflichtung an eine neue Programm-Umgebung gewöhnen. Frank Plasberg („Hart aber fair“) wurde von Mittwoch auf Montag vorgezogen, Reinhold Beckmann („Beckmann“) von Montag auf Donnerstag geschoben, Anne Will („Anne Will“) von Sonntag auf Mittwoch gedrängt. Verloren haben sie alle an Marktanteilen. Und alle feilen noch am Konzept.
Personalie Nummer vier und fünf sind bei Sat.1 anzusiedeln: Harald Schmidt, im Frühjahr von der ARD entsorgt, kehrte am 13. September zu seinem alten Arbeitgeber zurück. Nach einem furiosen Start knickte seine Quotenkurve ein. Trotzdem setzt der Münchner Privatsender auf sein Lästermaul und lässt ihn ab Januar statt zweimal sogar dreimal in der Woche ran. Kurz zuvor gab Senderkollege Johannes B. Kerner den Rücktritt von seinem Donnerstagsmagazin bei Sat.1 bekannt - den Sendeplatz übernimmt nun Schmidt.
Die Personalien Nummer sechs, sieben und acht haben sich vor allem hinter den Kulissen abgespielt: Der ehemalige Herstellungsleiter des ARD/ZDF-Kinderkanals Ki.Ka wurde im Juli wegen Betrugs zu fünf Jahren Haft verurteilt. Udo Foht, der Unterhaltungschef des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), wurde nach finanziellen Unregelmäßigen seines Postens enthoben. Und im November musste Hans-Wolfgang Jurgan, Geschäftsführer der ARD-Filmtochter Degeto gehen, nachdem herausgekommen war, dass die Firma unter seiner Leitung ihr Budget überzogen hatte.
Die Diskussion um Gottschalks Nachfolge hat vor allem auch nach der Absage von Hape Kerkeling viele andere Ereignisse vom Jahr 2011 an den Rand gedrängt. „Matula“ Claus-Theo Gärtner kündigte nach 30 Jahren an, sich aus der ZDF-Krimiserie „Ein Fall für zwei“ zurückzuziehen, Matthias Brandt übernahm den Münchner „Polizeiruf 110“. Maximilian Brückner musste den Saarbrücker „Tatort“ gegen seinen Willen verlassen. Ärger gab es um den Neustart des Schweizer „Tatorts“, der wegen inhaltlicher Schwächen überarbeitet und zu einem späteren Zeitpunkt gesendet werden musste. Und der NDR verkündete Til Schweiger als Nachfolger von Mehmet Kurtulus beim Hamburger ARD-„Tatort“.
Kai Pflaume erweckte im NDR Fernsehen den Klassiker „Dalli Dalli“ zu neuem Leben, seine neue ARD-Vorabendshow „Drei bei Kai“ leidet aber schon jetzt unter Schwund. Auch die drei neuen Krimiserien haben das ewig schwächelnde ARD-Vorabendprogramm noch nicht so recht nach vorn gebracht. Da ist fast schon in Vergessenheit geraten, dass manche Fans dem ARD-Klassiker „Marienhof“, der im Juni eingestellt wurde, hinterherweinen. Andere werden aufatmen, dass Kindererziehung im TV abends keinen Platz mehr hat: RTL und die „Super Nanny“ Katharina Saalfrank beendeten im Herbst ihre Zusammenarbeit.
Und ein Abschied ist schon fast ganz TV-Geschichte: Im Frühjahr hörte 9Live auf zu senden: Der selbst ernannte Mitmachsender setzte auf die Bezahlanrufe der Zuschauer. Das Geschäftsmodell hatte zunächst gut eingeschlagen. Nach Kritik und Sanktionen sanken die Umsätze deutlich. Nun hat der Frauensender Sixx die Frequenzen übernommen.