Unglück oder Anschlag? Flugzeug bleibt verschollen
Kuala Lumpur/Hanoi (dpa) - Unglück oder Terroranschlag: Nach dem mysteriösen Verschwinden einer Boeing 777 in Südostasien ermitteln Fahnder mit Hochdruck in alle Richtungen.
Nach Radaraufnahmen könnte das Flugzeug mit 239 Menschen an Bord kurz vor ihrem Verschwinden umgedreht sein, wie Ermittler am Sonntag in Kuala Lumpur berichteten. Das erschwert die Suche, da Rettungskräfte nun einen viel größeres Radius nach dem Flugzeug absuchen müssen. Gleichzeitig gingen Fahnder Hinweisen auf einen möglichen Terroranschlag nach. Mindestens zwei Menschen sollen mit gestohlenen Pässen unterwegs gewesen sein. Angehörige der überwiegend chinesischen Fluggäste warteten in Peking verzweifelt auf Neuigkeiten zum Schicksal der Passagiere.
Die Radarhinweise zur Umkehr der Maschine überraschten, weil der erfahrene Pilot nach bisherigen Erkenntnissen vor dem Verschwinden keine Probleme an Bord meldete. Er sendete auch kein Notsignal aus. Der Kontakt zu der Boeing 777-200 der Malaysia Airlines war am frühen Samstagmorgen zwei Stunden nach dem Start in Kuala Lumpur abgebrochen. Sollte die Maschine abgestürzt sein und es keine Überlebenden geben, wäre es eines der schwersten Flugzeugunglücke der vergangenen Jahre.
An Bord waren überwiegend chinesische Reisende. Deren Angehörige wollte die Fluggesellschaft zu Wochenbeginn nach Kuala Lumpur fliegen. Die Fahnder ermittelten in alle Richtungen: Auch ein möglicher Terroranschlag ist im Visier der Ermittler. „Wir schließen nichts aus“, sagte der Chef der malaysischen Behörde für Zivilluftfahrt, Azharuddin Abdul Rahman, auf einer Pressekonferenz in Kuala Lumpur.
Der Verdacht kam auf, weil offenbar mindestens zwei Passagiere ihre Flugtickets mit gestohlenen Pässen kauften. Ein Italiener und ein Österreicher, deren Namen auf der Passagierliste standen, meldeten sich in ihren Heimatländern und berichteten, dass ihnen Pässe vor ein bis zwei Jahren gestohlen worden waren. Die Tickets auf ihre Namen wurden zusammen erworben, wie der Sender CNN berichtete. Sie sollen über die chinesische Fluggesellschaft Southern Airlines gekauft worden sein. Das Unternehmen äußerte sich auf Anfrage dazu nicht.
Die Identität weiterer europäischer Passagiere werfe Fragen auf, sagte Malaysias Transportminister Hishammuddin Hussein. „Wir überprüfen die gesamte Passagierliste“, sagte er bei einer Pressekonferenz in Kuala Lumpur.
Weitere Details lassen den Flug MH370 mysteriös erscheinen. Behördenchef Rahman sagte, dass fünf Passagiere zwar eingecheckt waren, aber nicht auftauchten. Ihr Gepäck sei vor dem Abflug aus der Maschine entfernt worden. Ob unter ihnen jene Fluggäste waren, die mit den gestohlenen Pässen des Italieners und Österreichers Tickets gekauft hatten, war unklar.
Die US-Bundespolizei FBI habe ihre Hilfe bei der Untersuchung angeboten, berichtete der Sender CNN. Die US-Behörden ermitteln, weil an Bord auch Amerikaner waren. Die „New York Times“ zitierte nicht genannte Geheimdienstler mit den Worten: „Die gestohlenen Pässe sind zwar interessant, bedeuten aber nicht zwingend, dass es sich um einen Terroranschlag handelte.“ Ein Mitarbeiter der deutschen Bundespolizei sagte, an deutschen Flughäfen würden häufig Reisende mit gefälschten Papieren aufgegriffen.
Auch die Ursache für das Verschwinden gibt den Ermittlern Rätsel auf. Das Flugzeug der Malaysia Airlines hatte nach bisherigen Angaben keinen Notruf abgesetzt. Das Wetter in der Region war gut und der Pilot ein erfahrener Mann. Die Boeing war am frühen Samstag in Richtung Peking gestartet. Der Funkkontakt brach kurz vor dem vietnamesischen Luftraum ab.
Allerdings räumte der Chef von Malaysia Airlines, Ahmad Jauhari Yahya, am Sonntag vor Journalisten ein, dass die Boeing im August 2012 in Shanghai in einen Unfall auf dem Rollfeld verwickelt war. Bei einer Kollision mit einer anderen Maschine riss damals etwa ein Meter an der Spitze einer Tragfläche ab. Der Schaden sei von Boeing repariert worden und die Maschine von den Luftfahrtbehörden anschließend wieder für völlig flugtauglich befunden worden, sagte Yahya.