Unsichtbare Mogelpackung: Neue Haarfärb-Techniken

Augsburg (dpa/tmn) - Für viele ist ein gut gefärbter Schopf das A und O eines gepflegten Aussehens. Doch keiner soll merken, das auch nur eine Strähne gefärbt ist. Neue Techniken schaffen das besser.

Das Geheimnis sollte möglichst gut geheim gehalten werden: Wenn Haare gefärbt werden, weil sie gefärbt werden müssen, geschieht das oft in natürlichen Tönen. Es soll ja keinem auffallen. Neue Techniken helfen den Friseuren dabei, das hinzubekommen. Die Kundinnen können sogar mit Extremen den möglichst natürlichen Look vorgaukeln: Mit künstlichen Ansätzen - die frisch vom Friseur so aussehen, als müsste man damit jetzt in den Salon.

Die natürliche Haarfarbe ist nicht einfach nur braun, blond, rot oder schwarz. Sie setzt sich aus vielen Schattierungen zusammen. Das ahmt der Friseur beim Haarefärben gerne nach: „Man ist deshalb schon lange von Eintonfarben abgekommen, es muss nicht alles eine Soße sein“, erläutert Dieter Schöllhorn, Kreativdirektor des Landesinnungsverbandes des bayerischen Friseurhandwerks in Augsburg.

Strähnchen schaffen Nuancen. Lange wurden dafür vornehmlich Folien genutzt, in die sauber abgeteilte und mit Färbemittel eingepinselte Haarpartien gewickelt wurden. Das Ergebnis war zu deutlich sichtbar: Die Strähnchen haben Kanten. „Das wirkt wie Blockstreifen - das will nun keiner mehr. Sie wollen doch nicht wie ein Streifenhörnchen aussehen“, sagt der Friseurmeister Antonio Weinitschke aus Aachen, Kreativdirektor des Deutschen Friseurhandwerks.

Neue Techniken schaffen natürlicher wirkende Ergebnisse: Die Haare bekommen viele Strähnchen in diversen Schattierungen, erläutert Schöllhorn. Für die Freestyle-Technik, auch als Balayage-Technik bekannt, wird der Schopf in unterschiedlich breite Partien aufgeteilt. „Die Haare werden zart angestrichen - von Hand.“ Der Friseur schafft weiche Übergänge zur anderen Farbe und Haarpartie.

Neben einem natürlichen Eindruck hat diese Technik einen weiteren optischen Effekt: Sie gibt dem Haar Fülle. „Die Frisur hat optisch mehr Volumen, wohingegen die Einfarbigkeit die Haare schwerer wirken lässt“, sagt Weinitschke. Die Strähnen müssen aber nicht immer oben auf dem Schopf sitzen: „Bei einem Bob kann man auch toll plakative Farben unten reinfärben, diese zeigen sich in der Bewegung.“

Eine Abwandlung dieser Freihand-Technik erzielt den sogenannten Sun-kissed-Look, Haar wie von der Sonne geküsst. Vorbild ist das Haar nach langen Tagen am kalifornischen Strand: „Der Ansatz ist nachgewachsen, und die Längen und Spitzen sind unterschiedlich ausgeblichen“, beschreibt es Jens Dagné, Friseurmeister aus Worms und Vorstand in der Friseurvereinigung Intercoiffure Deutschland.

Der klassischerweise blonde Look wird auf dunklerem Haar geschaffen: Dagné nimmt warme Blondtöne, die er unterhalb eines sichtbaren Ansatzes abwechselnd einknetet. „Die Länge des Haaransatzes kann so lange sein, wie die Kundin es möchte. Dabei sind drei bis vier Zentimeter kein Problem.“ Damit der Farbunterschied von Ansatz zu den Spitzen aber nicht zu stark hervorsticht, werde mit der Farbe für die Längen noch über den Ansatz „gewischt“. Das ergebe einen weichen Übergang. „Selbstredend machen wir das auch umgekehrt: Eine Kundin hat blonde Naturhaare, dann machen wir nach dem umgekehrten Prinzip den Ansatz ein bis zwei Töne dunkler“, erläutert Dagné.

Wer nicht blond ist oder blond gefärbt werden möchte, kann diesen Look auch haben: „Dann kann man diesen Sun-kissed-Look einfach mal zum Red-kissed-Look umfriemeln und schon hat man eine neue Lösung, ein tolles Ergebnis.“ In diesem Winter werden besonders dunklere Töne wie Ebenholz, diverse Braunnuancen sowie ein kupferfarbenes Blond im Trend liegen, sagt Weinitschke.

Der Nachteil: Noch nicht viele Haarstylisten beherrschen diese aufwendigen Techniken, beklagt der Friseurmeister Jens Dagné. In seinem Salon fänden sich immer wieder verunglückte Beispiele zum Reparieren ein. Er rät zur Nachfrage im Salon und notfalls auch zum Friseurwechsel. Auch sollte man die Hände von Selbstversuchen lassen.

Aber die Friseure sind sich nicht einig, ob der sichtbare Ansatz wirklich tragbar ist. Dagné ist dafür. Auch Weinitschke erkennt einen Reiz: „Heute gehört es doch auch dazu, an einem sogenannten Bad-Hair-Day auch genauso nach draußen zu gehen und das Haar nicht unter einem Hut zu verstecken.“ Schöllhorn sieht das anders: „Ein sichtbarer Ansatz steht dem Trend entgegen, gepflegt aussehen zu wollen. Ich finde, ein Ansatz wirkt aber ungepflegt.“ Doch auch er erkennt einen Trend auf der Straße: Auch wenn für die breite Basis ein gefärbter Ansatz nicht infrage käme, die hippen Jungen in den Großstädten fragten danach.