„Urdangarin, gib uns unser Geld zurück“
Für den Schwiegersohn des spanischen Königs Juan Carlos wird eine Vorladung vor Gericht zum Spießrutenlauf. Nun droht ihm der Prozess.
Palma de Mallorca. Mit ernstem Gesicht, in Schal und Mantel gehüllt, schreitet der in Ungnade gefallene königliche Schwiegersohn den kurzen Weg zum Gerichtsgebäude.
Auch im sonst so sonnigen Palma de Mallorca, wo Inaki Urdangarin vor dem Untersuchungsrichter wegen des Vorwurfs des Betrugs aussagen musste, herrschen an diesem Morgen kühle Temperaturen um die fünf Grad. Die Polizei hatte den kurzen Fußweg abgesperrt, welcher von der „Via Alemania“, wo Urdangarin aus einem silbergrauen Wagen mit getönten Scheiben stieg, zum Gerichtspalast führt.
„Dieb, Dieb“, riefen einige Hundert Demonstranten, die von der Polizei bis zur nächsten Straßenecke zurückgedrängt worden waren. „Gib uns unser Geld zurück.“ An Hauswänden klebten Plakate mit dem Konterfei Urdangarins und der Forderung: „Schluss mit der Korruption!“
Von einigen Balkonen baumelten lange rote Paprikawürste, die „chorizo“ heißen, was auf Spanisch zugleich auch „Gauner“ bedeutet. „Weg mit der spanischen Krone“ und „Schluss mit der Monarchie“, tönte es durch die Gasse. Urdangarin, Ehemann von Infantin Cristina, tat so, als höre er nichts und verschwand gesenkten Hauptes im Gerichtsgebäude.
Drinnen erwartete ihn der Untersuchungsrichter Jose Castro, der seit knapp zwei Jahren gegen Urdangarin, einen früheren prominenten Handball-Nationalspieler, ermittelt. Es war übrigens die zweite Vorladung für den königlichen Schwiegersohn, der bereits vor einem Jahr als Beschuldigter erstmals verhört worden war. Damals hatte er schon alle Vorwürfe bestritten. Auch wenn inzwischen weiteres Belastungsmaterial gegen ihn und auch mehrere geheime Konten in Andorra, Luxemburg und der Schweiz auftauchten.
Urdangarin soll jahrelang als „Berater“ für die Organisation von Sportevents hohe Summen öffentlicher Gelder kassiert haben, meist ohne wesentliche Gegenleistungen zu bringen.
Seine dubiosen Geschäfte soll er über eine gemeinnützige Stiftung und unter missbräuchlicher Nutzung seiner königlichen Beziehungen abgewickelt haben. Bisherigen Schätzungen zufolge sollen Urdangarin und ein Sozius mehr als acht Millionen Euro ergaunert und am Fiskus vorbeigeschleust haben.
Im Verhörzimmer hinter Richter Castro hing an der Wand, wie in den meisten Justizsälen Spaniens, ein Porträt von König und Staatschef Juan Carlos. Auch auf den Monarchen fallen Schatten, nachdem Urdangarins Geschäftspartner Diego Torres ausgesagt hatte, dass Juan Carlos von den dubiosen Geschäften gewusst, mit geschäftlichen Kontakten geholfen und sogar Entscheidungen abgesegnet habe. Genauso soll Urdangarins Ehefrau Cristina, Teilhaberin im Firmengeflecht, in alles eingeweiht gewesen sei.
Nun bemühte sich Urdangarin vor dem Richter um die Ehrenrettung der Königsfamilie: In einer Erklärung, die er im Gerichtssaal verlas, dementierte er jegliche Verwicklung des Königshauses in seine Geschäfte: „Ich erkläre hiermit, dass das Königshaus mich bei meinen Aktivitäten nicht beriet und auch keine Entscheidungen traf.“
Vielmehr habe der König, als erste öffentliche Kritik an den Geschäften aufgekommen sei, ihm empfohlen, sich aus den „nicht angemessenen“ Tätigkeiten zurückzuziehen — was er dann auch getan habe.
Juan Carlos hatte ebenfalls schon Schutzwälle aufgebaut und Urdangarin von allen offiziellen Anlässen ausgeschlossen, auch dessen Biografie samt Fotos auf der Homepage des Hofes gelöscht.
Der Schwiegersohn selbst wird den Kopf wohl nicht aus der Schlinge ziehen können. Vieles spricht dafür, dass Untersuchungsrichter Castro demnächst formell Anklage gegen Urdangarin und Sozius Torres erheben wird, womit den beiden dann der Prozess gemacht wird.