Ursachenforschung nach Zugunglück in Italien

Andria (dpa) - Nach dem schweren Zugunglück in Süditalien mit mindestens 27 Toten konzentrieren sich die Ermittlungen auf die veraltete Technik. Im Zentrum steht das fehlende automatische Kontrollsystem auf der eingleisigen Strecke nördlich von Bari.

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„In diesem Abschnitt sind keine automatischen Systeme im Einsatz“, sagte Chef-Ermittler Giovanni Meoli von der Eisenbahnpolizei dem „Corriere della Sera“ zufolge. „Es ist immer noch das alte System der Fernsprechnachrichten.“

Bei dem Unglück waren am Dienstag mindestens 27 Menschen ums Leben gekommen und etwa 50 weitere verletzt worden. Die Helfer hatten die gesamte Nacht über nach möglichen weiteren Opfern oder Überlebenden in den zwei völlig verkeilten Zugwracks gesucht. „Wir kennen die Zahl der Passagiere nicht, weil es kein Flugzeug ist und wir keine Liste haben“, sagte Staatsanwalt Francesco Giannella. Möglicherweise waren auch Ausländer unter den Todesopfern, hieß es am Mittwoch.

Die Einsatzkräfte bargen Stunden nach dem Unglück die Blackbox einer der beiden Züge, sie soll bei der Aufklärung helfen. Ob es sich um menschliches Versagen handelt oder ein technisches Problem, war zunächst weiter unklar. Die Staatsanwaltschaft in der Stadt Trani ermittelt wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung gegen unbekannt.

Ein geplanter Ausbau der Strecke auf zwei Gleise hatte sich mehrmals verzögert, ein automatisches Warnsystem gab es nicht. Medienberichten zufolge informierten sich die Bahnhofsvorsteher wohl gegenseitig per Telefon, wenn die Strecke frei war. „Diese Bahnstrecke ist schon zur Hälfte mit automatischen Kontrollsystemen ausgestattet, aber leider nicht der Teil, in dem das Unglück passiert ist“, sagte Massimo Nitti, Chef der Betreibergesellschaft Ferrotramviaria. „Wir müssen verstehen, wo die Kontrollkette nicht funktioniert hat“, forderte er.

Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, möglicherweise habe ein verspäteter Zug dafür gesorgt, dass der Streckenabschnitt fälschlicherweise freigegeben worden sei. „Das Problem ist nicht das Einzelgleis, das etwa bei der Hälfte der Strecken in Italien vorliegt, sondern die Technologie, die die Unfälle verhindern soll“, sagte Bahn-Experte Giuseppe Sciutto von der Universität Genua der Nachrichtenagentur Adnkronos.

Die beiden Züge, die aus den Jahren 2005 und 2009 stammten, waren mit etwa 100 Stundenkilometern unterwegs, als sie an einer Kurve zusammenprallten. Regierungschef Matteo Renzi besuchte noch am Abend die Unglücksstelle und versprach eine vollständige Aufklärung. „Wir wollen Klarheit über das, was passiert ist“, sagte er.