Vater von Klonschaf „Dolly“ wird 70

Der Schotte Ian Wilmut ist Wissenschaftler mit Leib und Seele. Inzwischen widmet er sich auch der Kunst.

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London. Sein Name ist mit dem Klonschaf Dolly verbunden wie Albert Einstein mit der Relativitätstheorie. Die erste lebende Kopie eines Säugetiers machte Ian Wilmut weltberühmt. Am Montag wird der Schotte 70 Jahre alt. Er ist immer noch aktiv am Zentrum für regenerative Medizin (MRC) in Edinburgh, ist gefragt als Experte und Gastautor. Seit drei Jahren widmet er sich außerdem nebenbei der Kunst — als wissenschaftlicher Berater der in Hildesheim geborenen Künstlerin Diemut Strebe, deren Reproduktion des Ohrs des Malers Vincent van Gogh gerade in Karlsruhe ausgestellt war.

Strebe kommt regelrecht ins Schwärmen, wenn man sie nach dem vollbärtigen Forscher fragt. „Er ist einer der beeindruckendsten, unvoreingenommensten und umsichtigsten Menschen, die ich je getroffen habe“, erzählt sie. Er mache außerdem großartige Witze. „Mit ihm zu arbeiten ist eine große Freude.“ Die beiden seien derzeit über ein neues Projekt im Gespräch.

Nicht immer wurde so überschwänglich über Wilmut gesprochen. 1996 war einer Forschungsgruppe am Edinburgher Roslin-Institut unter seiner Leitung eine Sensation gelungen: Das Lamm Dolly kam zur Welt, die erste exakte Kopie eines Säugetiers. Dolly war geklont worden aus einer ausgereiften Körperzelle und hatte keinen biologischen Vater.

Als geistiger Vater des Tiers hatte lange Ian Wilmut gegolten, doch er betonte seitdem mehrmals, dass es eine Gruppenleistung gewesen sei und sein Forschungspartner Keith Campbell einen großen Beitrag geleistet habe. 2006 berichteten britische Medien über einen Streit darüber, wem welcher Anteil am Dolly-Ruhm zustehe. Die Arbeit der Gruppe löste weltweit Kontroversen aus über Gefahren und ethische Fragen beim Klonen.

Man solle Erfolge der Wissenschaft mehr feiern, statt sie zu fürchten, hat Wilmut immer wieder in Interviews gesagt. Nach Angaben des MRC geht es seiner heutigen Forschungsgruppe darum, Medikamente und Behandlungsmethoden für bestimmte Krankheiten zu finden. Wilmut war Mitte der 1980er Jahre zum Klonen gekommen. 2008 kehrte er der Technik den Rücken, Dolly steht längst ausgestopft in einem Museum in Edinburgh.

Wilmut betreibe seine Forschung mit Leidenschaft, erzählt seine frühere persönliche Assistentin Jennifer Hurst, aber er sei auch ein fürsorglicher Familienmensch. Der nun 70-Jährige hat drei Kinder und mehrere Enkel. Das „künstliche“ Herstellen von Tieren beschäftigt ihn noch hin und wieder: Für die Wissenschafts-Nachrichtenseite „The Conversation“ erklärte er, wie Stammzellen eines Mammuts hergestellt werden könnten.

Das Klonen von Menschen hat Wilmut bereits kurz nach dem Dolly-Durchbruch abgelehnt. „Wie soll ich damit klarkommen, mit jemandem zusammen zu leben, der genau so ist wie ich?“, fragte er.