Glosse Vatertag: Von Freiheit und Vögeln
Bügeleisen für Mutti, Schlagbohrer für Vatter - über Rollenklischees zwischen Vater- und Muttertag.
Vatertag und Muttertag liegen in diesem Jahr so nah beieinander wie nur selten. Der Kommerzialisierung sei Dank heißt das auch, dass wir in diesen Tagen mit Werbung überschüttet werden. Mit Angeboten, die den lieben Eltern oder Partnern zeigen sollen, wie sehr man sie schätzt.
„Zeit, Danke zu sagen“ heißt es da etwa in einer Werbeanzeige zum Muttertag nebst Artikeln wie einer individuell gestaltbaren Nähmaschine, dem Bügeleisen „Liberty“ oder einem Staubsauger. Ach, die 50er, mag da manch einer sagen, das waren eben noch andere Zeiten. Doch die angepriesenen Muttertagsgeschenke stammen mitnichten aus der Vergangenheit, sondern lassen sich in einem Supermarkt-Prospekt aus dem Jahr 2018 finden. Dafür erntete der Discounter einen Shitstorm, entschuldigte sich öffentlich — und bewarb dann Bollerwagen und Alkohol für den Vatertag. Ein Sauf-Wagen für Vati, ein Bügeleisen für Mutti.
Um die veralteten Rollenbilder mal noch weiter zu zementieren: Warum nicht zum Vatertag noch den Hocker zum Füßehochlegen schenken oder einen Wandkalender mit schnellen Autos? Oder mal was ganz Verrücktes: Wie wäre es, wenn man Vätern mal zugesteht, dass sie in der Kindererziehung mehr sind als eine Aushilfskraft? Dass sich zwar keiner darum reißt, nachts schreiende Babys zu beruhigen, Pflegearbeit aber beide Elternteile angeht? Dass es normal wird, wenn Väter sich eine lange Elternzeit nehmen? Dass Väter eben auch Väter sein wollen?
Mal ganz abgesehen davon, dass die Sauftouren am Vatertag oft von 16- bis 20-jährigen kinderlosen Männern unternommen werden. Und von denen sich Väter, die an diesem Tag einen Ausflug mit ihrer Familie machen, eher gestört fühlen. Der NABU veröffentlichte dann noch einen Alternativvorschlag für das lange Wochenende: „Vatertag bis Muttertag mit Vögeln verbringen“ — mit einer Vogelzählung, versteht sich.