Veronica Ferres: „Ich kann auch sehr stark sein“
Interview: Veronica Ferres spielt eine Frau, die um ihre Kinder in der DDR kämpft, und spricht über ihre eigenen Töchter.
<strong>Düsseldorf. Frau Ferres, erst haben Sie in "Neger, Neger, Schornsteinfeger" ihr farbiges Kind gegen alle NS-Schrecknisse verteidigt, nun sind Sie als kämpferische "Frau vom Checkpoint Charlie" zu sehen: Wird das militante Muttertier die neue Ferres-Dauerrolle?Veronica Ferres: Militantes Muttertier? Das stimmt nicht. Darin liegt mir zu viel Aggressionn und aggressiv sind weder ich noch das Vorbild meiner Rolle, Jutta Gallus. Ich bin ihr mehrere Male begegnet und lernte eine sehr sensible, intelligente Frau kennen. Allerdings war sie zu einer unglaublichen Energie fähig, als sie immer mehr meinte, in der DDR nicht mehr die Luft zum Atmen zu haben. Wären Sie auch selbst dazu fähig?Ferres: Ein solches Leid über sechs Jahre auszuhalten? Das glaube ich nicht. Die Rolle hat mir schon viel abverlangt, manchmal bis an den Rand des Erträglichen. Als mir an einem Drehtag bewusst wurde, was Jutta Gallus über die Jahre hat ertragen müssen, da wurde mir schwarz vor Augen und ich bin umgefallen. Andererseits glaube ich schon, dass jeder in bestimmten Situationen Kräfte entwickeln kann, die er zuvor noch nicht in sich vermutet hatte. Das gilt sicher auch für mich. Auch bei der Wahl Ihrer Rollen zeigen Sie große Energie, denn die sind meist keineswegs gemütlich.Ferres: Das war immer meine Absicht. Nicht Mainstream zu liefern, sondern Randgruppenthemen zu realisieren. Dafür kämpfe ich, dafür lebe ich als Schauspielerin, egal ob das nun tolle Quoten bringt. Aber es bringt tolle Quoten und hohe Prominenz. Wie begegnen Ihnen die Menschen?Ferres: Immer sehr respektvoll. Und manchmal bringen sie mir ein Vertrauen entgegen, das mich sehr berührt, aber auch ein wenig erstaunt. Wie jetzt wieder bei der Premiere von "Checkpoint Charlie", als sich einige Frauen nach der Aufführung an mich wandten: Auch sie seien in der DDR inhaftiert und von ihren Kindern getrennt worden. Sie suchten noch immer danach. Ob ich ihnen wohl helfen könne, sie zu finden? Sie selbst haben zwei Töchter. Wie sehen Sie sich als Mutter?Ferres: Zum Glück waren wir nie solchen Belastungsproben ausgesetzt wie in den Filmen. So bemühe ich mich vor allem, meine Sechsjährige - die Ältere ist 21 und aus einer früheren Verbindung meines Mannes - so weit wie möglich vom Filmbetrieb fernzuhalten. Sie darf schon mal bei den Aufnahmen dabei sein, ein bisschen beim Ton oder in der Garderobe aushelfen. Das macht ihr Riesenspaß. Aber meine Filme darf sie nicht sehen. Das hat noch Zeit. Auch nicht, wenn es mal lustig wird - was ja leider selten bei Ihnen vorkommt?Ferres: Na ja, ich habe die "Wilden Hühner" gedreht. Aber es stimmt: In der Regel schlage ich mich mit den Tragödien dieser Welt herum. Da wird es wirklich wieder Zeit für etwas Lustiges. Arte zeigt "Die Frau vom Checkpoint Charlie" am Freitag (28.9.) um 20.40 Uhr und 22.10 Uhr. Die ARD zeigt den Zweiteiler am Sonntag und Montag jeweils um 20.15 Uhr.
Der neue Film
Veronica Ferres: wurde am 10. Juni 1965 in Solingen geboren. Sie wurde in den 90er Jahren bekannt durch die Filme "Schtonk", "Rossini" und "Das Superweib". Die Schauspielerin gilt als Quotenkönigin des Fernsehfilms.
"Die Frau vom Checkpoint Charlie" heißt in der Realität Jutta Gallus. Die Ostdeutsche hatte in den 80er Jahren nach einem Fluchtversuch, Haft und dem Freikauf durch den Westen sechs Jahre darum gekämpft, ihre beiden Töchter aus der DDR freizubekommen.