Versenkte Schiffe schließen gebrochenen Elbdeich

Fischbeck/Magdeburg (dpa) - Mit einer einzigartigen Aktion haben Einsatzkräfte an der Elbe das Hochwasser eingedämmt. Vor einem gebrochenen Deich bei Fischbeck in Sachsen-Anhalt versenkten sie am Wochenende drei Schiffe, um das etwa 90 Meter lange Leck zu schließen.

Der riskante Einsatz zeigte Wirkung: „Wir sind sehr zufrieden, dass das funktioniert hat“, sagte eine Sprecherin der Krisenstabes am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa. Die Lücke im Deich sei „so gut wie geschlossen“.

Die überflutete Fläche sei innerhalb von 24 Stunden um fünf Quadratkilometer geschrumpft. 145 Quadratkilometer stehen im Elbe-Havel-Winkel aber noch immer unter Wasser. Dort hat sich das Hochwasser in ein Gebiet von etwa 10 mal 20 Kilometern ergossen. 10 000 Menschen sind betroffen, mehr als 8000 mussten nach Angaben des Krisenstabes ihre Wohnungen verlassen.

Experten hatten am Sonntag vor dem gebrochenen Elbdeich das dritte Schiff versenkt. Von Hubschraubern sollten bis zum Einbruch der Dunkelheit weiter Sandsäcke zur endgültigen Abdichtung des Lecks abgeworfen werden. Schon am Samstag waren zwei Schubkähne zu der Stelle bugsiert und gesprengt worden. Der dritte Kahn wurde am Sonntag vor der verbliebenen 20-Meter-Lücke geflutet.

Weiter südlich versuchten Einsatzkräfte derweil mit aller Gewalt, das Gegenteil zu erzielen. Gleich zweimal wurde der Saaledeich bei Breitenhagen gesprengt. Durch die entstandene rund 60 Meter breite Öffnung liefen die gewaltigen Wassermassen, die die Region überflutet haben, nun schneller zurück in den Fluss, hieß es.

Am Samstag mussten die Menschen in den Orten Jederitz und Kuhlhausen wegen des gebrochenen Deichs bei Fischbeck ihre Wohnungen verlassen. Häuser ragen vielerorts an den Ufern wie Inseln aus den Fluten. Straßen sind überschwemmt. Unzählige Helfer kämpfen an den aufgeweichten Dämmen gegen die Fluten.

Bei Fischbeck hatten am Samstagmorgen zunächst Taucher den Boden am Deichbruch inspiziert. Anschließend wurden Panzersperren und Netze mit Steinen per Hubschrauber zu der Stelle geflogen. Am Abend bugsierte dann ein Schiff die zwei Schuten - Kähne ohne eigenen Antrieb - an den Deich, wo sie per Sprengung versenkt wurden. Sandpakete verhinderten das Abtreiben. Das Land hatte die Kähne vorher eigens zu diesem Zweck gekauft.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte nach der Sprengung: „Es war eine extrem schwierige und gewagte Aktion. Aber wir mussten handeln und das Menschenmögliche versuchen, um die Wassermassen aufzuhalten. „So eine Aktion haben wir vorher noch nicht gemacht“, sagte Kapitän Thomas Peter der Nachrichtenagentur dpa. „Aber wahnsinnig sind wir nicht. Wir konnten es halbwegs einschätzen.“

Nicht nur die Bewohner der Hochwasserregionen schauen mit bangen Blicken auf die Überschwemmungen. Bei den Landwirten habe die aktuelle Flutkatastrophe größere Schäden als das Hochwasser 2002 angerichtet, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Die entstandenen Schäden lägen bereits bei knapp 100 Millionen Euro.

Allgemein entspannte sich die Hochwasserlage aber langsam. Der Pegel in Wittenberge erreichte am Sonntagmittag 6,88 Meter. Beim historischen Höchststand vor einer Woche lag er bei 7,85 Metern. Auch die Pegelstände der Flüsse in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gingen allmählich zurück. In Magdeburg, wo die Alarmstufe 4 bereits seit Freitag nicht mehr gilt, entsorgten Hunderte Helfer unzählige Sandsäcke.

Die Sperrzonen um Dömitz und Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern wurden nach Angaben von Landrat Rolf Christiansen am Sonntagabend aufgehoben. Der Katastrophenalarm im Landkreis Ludwigslust-Parchim sollte aber noch bis Montag um 12.00 Uhr bestehenbleiben. Die stark durchweichten Deiche durften noch nicht wieder betreten werden.

Nach dem Ende der Flut droht vielerorts Ebbe in den Kassen von Hotels und Gasthöfen. „Wir haben massive Absagen“, sagte Katharina Zimmermann vom Tourismusverband Prignitz im brandenburgischen Perleberg der dpa. „Wenn es so bleibt, wäre das gerade für die kleinen Familienbetriebe eine Katastrophe“, sagte Zimmermann. Dabei bestehe für Touristen keine Gefahr.