Volle Breitseite im Rosenkrieg
Chris Huhne war einmal Minister im Königreich und galt als politischer Überflieger. Bis seine Frau sich für einen Seitensprung rächte.
London. Ein paar Punkte zu viel in der Verkehrssünderkartei und eine Gattin, die ihrem Liebsten die Strafe durch Flunkern erspart — diese Geschichte passiert wohl jeden Tag überall in Europa.
Für den britischen Spitzenpolitiker Chris Huhne allerdings war sie der Anfang vom Ende: Ehefrau Vicky machte seine Lüge öffentlich, als er sie verlassen wollte. Seitdem befindet sich der ehemalige Hoffnungsträger aufs Vize-Premier-Amt im freien Fall: Neben Karriere-Ende und Monster-Image droht ihm jetzt sogar Haft.
Kein Feuer der Hölle, besagt ein englisches Sprichwort, brennt so vernichtend wie der Zorn einer betrogenen Frau. Chris Huhne, bis Anfang des Monats noch liberaler Vorzeigepolitiker, hätte sein Schicksal also erahnen können, als er seiner Frau Vicky Pryce 2010, nach 25 Ehejahren, den Laufpass gab. Er hatte sich in eine jüngere Mitarbeiterin verliebt, die bis zu ihrer Affäre mit Huhne nur Frauen zugeneigt war.
Pryce sann auf Rache und kramte eine alte Geschichte hervor: Huhne war vor zehn Jahren in eine Radarfalle geraten. Statt 80 hatte er 110 Stundenkilometer auf dem Tacho — mit drei Punkten und rund 100 Euro Strafe selbst für einen Politiker nichts Dramatisches. Doch Huhnes Punkteregister war schon fast voll — ein weiterer Vorfall hätte ihn ein Jahr lang den Führerschein gekostet.
Er bat seine Frau, die Schuld auf sich zu nehmen. Die habe abgelehnt. Monate später, so behauptet Pryce heute vor Gericht, sei der polizeiliche Anhörbogen eingetrudelt — bereits an sie adressiert. „Du musst unterschreiben, wir haben keine Wahl“, soll Huhne gesagt und ihr den Füller in die Hand gedrückt haben.
Pryce, die sehr viel später unter viel Medienaufmerksamkeit von Huhne sitzengelassen wurde, wartete, bis er nach der Unterhaus-Wahl 2010 als Energieminister ins Kabinett zog. Dann gab sie die Knöllchen-Episode an die Sunday Times, die daraus einen Skandal machte. Huhne verlor seinen Kabinettsposten. Doch die Gattin war noch längst nicht am Ziel: „Ich will ihn fertigmachen“, mailte sie einer Journalistin.
Huhne gab alles zu. Doch verhindern ließ sich trotzdem nicht, dass die verlassene Ehefrau den Gerichtssaal als Bühne nutzte. Huhne, so gab sie zu Protokoll, habe sie sogar zu einer Abtreibung gezwungen, weil der Nachwuchs nicht in seinen Karriere-Fahrplan gepasst hätte.
Seit Monatsanfang ist Huhne nun auch das letzte politische Amt als Abgeordneter los. Ob Pryce freiwillig oder erzwungen seine Punkte auf sich nahm, darüber ist das Gericht zerstritten. „Sie erscheint nicht wie jemand, der vor Angst zittert“, gab der Staatsanwalt zu bedenken. Recht hat er: Die betrogene Gattin verlässt das Gericht jeden Tag mit einem beschwingten Lächeln.