Vom Saulus zum Paulus

Norbert von Xanten: Wie aus einem Lebemann ein gottesfürchtiger Wanderprediger und Erzbischof wurde.

Niederrhein. Sie ließen es sich gutgehen, die Klosterbrüder im Stift St. Viktor zu Xanten, lebten in Saus und Braus. Prunk und Reichtum, Genuss und zügellose Freude gehörten zum Alltag des Klosters. Vergessen war das Gebot der Enthaltsamkeit, das Wort des Apostels Paulus.

Und Norbert machte sich auf den Weg, begleitet nur von seinem Diener Ansgar. Für den Dienst im Kloster hatte er einen Bettelmönch beauftragt, das würde niemandem auffallen.

Doch unterwegs gerieten sie in ein Unwetter, ein Blitz schlug vor Norbert ein. Das Pferd scheute, der Stiftsherr stürzte zu Boden. Die Erde riss auf, Schwefel und Fäulnis drangen in die Gewänder von Norbert. Dann erschien ihm ein helles Licht, eine Stimme fragte: "Warum fliehst Du vor mir? Kehre um und lasse ab von dem Bösen."

Das Unwetter verzog sich, und Norbert ritt zurück. Im August meldete er sich in seiner Klosterschule in Siegburg. Abt Kuno sollte ihn für die höheren Weihen vorbereiten. Im Dezember wurde Norbert im Kölner Dom zum Diakon und Priester geweiht, warf bei der Feier das kostbare Gewand ab und ließ sich von seinem treuen Diener Ansgar ein Lammfell umlegen.

Nach zwei Monaten der Besinnung kehrte Norbert ins Xantener Stift zurück. Hier war man gespannt auf seine erste Predigt. Seine Worte weckten Empörung bei den frommen Herrn. Denn offen bezichtigte er sie der Ausschweifung und Völlerei. Sie holten zum Gegenschlag aus, bezeichneten ihn als Heuchler, schließlich hatte Norbert selbst jahrelang in Prunk gelebt.

Bald verließ er die Stadt. Als Wanderprediger führte er leidenschaftlich den Kampf gegen die Eitelkeit und Vergnügungssucht der Kirchenvertreter. In Frankreich gründete er den Orden der Prämonstratenser, legte seinen Brüdern strengste Regeln auf - und wanderte dann weiter.

Sein unbeugsames Rufen beeindruckte schließlich auch den Papst, und der übergab Norbert von Xanten das Erzbistum Magdeburg. Aber auch hier, im Kirchenpalast, blieb er seiner Linie treu, im ärmlichen Wollkleid blieb er Streiter für die Demut.

Von Magdeburg aus betrieb Norbert von Xanten die Missionierung der Slawen und Wenden, bis er 1134 an Malaria starb. 1582 wurde er heilig gesprochen. Im Dreißigjährigen Krieg wurden seine Gebeine nach Prag überführt. Hier gilt er noch heute als Schutzheiliger Böhmens.

Auch in Xanten wird er noch heute verehrt. Der Brunnen auf dem Marktplatz und eine Gedenktafel erinnern in der Domstadt an den ehemaligen Stiftsherrn, der sich vom Saulus zum Paulus wandelte.