Von MTV nach Mekka

Wandel: Kristiane Backer führte in den 90ern als Moderatorin ein Leben im Glamour – und war dennoch unglücklich. Daraufhin konvertierte sie zum Islam.

Berlin. An die schlanke Deutsche mit den langen, roten Haaren und der heiseren Stimme erinnern sich viele TV-Zuschauer noch heute: Kristiane Backer war Anfang der 90er Jahre Moderatorin bei MTV, dem Pionier der Musikkanäle in London. Mit Anfang 20 war Backer Teil eines elitären Zirkels von Teenie-Idolen. Seitdem ist viel Zeit vergangen und die heute 43-Jährige hat einen weiten Weg zurückgelegt: "Von MTV nach Mekka". So heißt ihr gerade erschienenes autobiografisches Buch.

Die gelernte Radiojournalisten moderierte damals Shows wie "European Top 20". Zum Abschied sagte sie immer lässig: "See ’Ya" ("Wir sehen uns"). Backer war hip: Sie feierte mit den Musikern Seal und Gavin Rossdale oder der Schauspielerin Elizabeth Hurley. Irgendwann war auch sie selbst ein Star.

In ihrem Buch beschreibt sie, wie es zum Wandel kam und sie zur tiefgläubigen Muslimin wurde: 1991 war sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere und an einem Tiefpunkt ihres Lebens angelangt. Da war der starke Druck, den der Job mit sich brachte, da war der Gegensatz zwischen dem Rausch einer Live-Moderation vor Hunderttausenden und einsamen Hotel-Nächten: "Ich weiß einfach nicht, wo das alles hinführen soll", schrieb Backer damals in ihr Tagebuch.

In dieser Phase lernte sie den pakistanischen Cricket-Nationalspieler Imran Khan kennen - auch ein Star. Er veränderte ihr Leben grundlegend. Die beiden wurden nicht nur ein Paar, Khan nahm die Deutsche auch mit nach Pakistan. Dort erlebte Backer, wie Menschen durch ihren starken Glauben selbst in bitterer Armut Lebenslust bewiesen. Sie sei mit "einem Glänzen in den Augen" empfangen worden. Da will sie entdeckt haben, dass ihr "die Liebe zu Gott fehlt".

1995 wurde schließlich für sie zu einem Jahr des Umbruchs: Sie konvertierte vom Christentum zum Islam und kündigte ihren Job bei MTV. Die Beziehung mit Imran Kahn, ihrem persönlichen Missionar, zerbrach derweil.

Anfang 2006 ist sie dann sogar auf "Hadsch" gegangen - auf jene Pilgerfahrt nach Mekka, die zu den religiösen Pflichten jedes Moslems zählt. Stärker habe sie sich nach dieser Erfahrung gefühlt, sagt sie.

Hierzulande fühlt sich Backer mit ihrer Konversion oft falsch verstanden. So erinnert sie sich in ihrem Buch an eine Talkshow, in der sie in eine Ecke mit Ultrakonservativen gedrängt worden sei. Auch ihr Vertrag mit der Jugendsendung Bravo TV sei ohne Vorwarnung gekündigt worden. Nun will sie mit ihrem Buch "Brücken bauen". Dabei verstehe sie sich als europäische Muslimin, die trotz ihres Glaubens die westliche Kultur nicht ablehne. Ihrem Buch merkt man an, dass die 43-Jährige, die weiter in London lebt, immer noch gerne an die wilde MTV-Zeit zurückdenkt. Nur: Aus dem "See ’Ya" ist ein "In sha’ Allah" (arabisch für "So Gott will") geworden. Red/dpa