Warum der Kölner Dom schwarz bleiben muss
Köln (dpa) - Egal, ob Notre Dame in Paris oder Westminster Abbey in London: Ausländische Kathedralen erstrahlen oft in beneidenswertem Glanz. Der Kölner Dom allerdings, das meistbesuchte Bauwerk Deutschlands, ist pechschwarz.
Und das wird auch so bleiben. Der amtierende Dombaumeister Peter Füssenich stellte am Montag klar, dass der Bau „nie und nimmer“ gesandstrahlt wird. „Das kann wirklich überhaupt nicht geschehen.“ Dabei kommen Besucher gerade so schön auf den Geschmack, werden die Skulpturen an einem der Eingänge zurzeit doch gesäubert - und leuchten jetzt wunderbar hell.
Warum muss der Rest dann bloß schwarz bleiben? „Verteufelt schwarz“, wie es Heinrich Heine einst formulierte, ein Düsseldorfer nebenbei. Erklärt wird es nirgends, so dass sich viele der sechs Millionen Touristen, die den Dom jedes Jahr besuchen, ihre eigene Theorie zurechtlegen. Onon Batsaikhan aus Ulan-Bator in der Mongolei tippt darauf, dass der Dom mal gebrannt hat. Siva Kumar aus Sri Lanka glaubt, dass die Schwärze religiöse Hintergründe hat. Kunii Washi aus Japan vermutet: „Die Farbe Schwarz könnte Ausdruck der Autorität der damaligen Zeit sein.“ Für Beatriz Romero aus Mexiko-Stadt gehört die Schwärze zum gotischen Baustil: „Das passt zu Hexen und Teufeln.“
Eines ist sicher: Der Dom sah nicht immer so schwarz aus. Als er 1880 nach 600 Jahren eingeweiht wurde, war zumindest die zum Schluss gebaute Vorderseite mit den Zwillingstürmen hell. Das zeigen Gemälde und Fotos. Lange ist es allerdings nicht so geblieben. Schuld waren Kohleheizungen, Fabrikschornsteine und Dampflokomotiven. Die Züge schienen sogar geradewegs in den Dom hineinzufahren, denn die Hohenzollernbrücke war eigens so platziert worden, dass sie genau in der Längsachse der Kathedrale lag. Bis heute ergibt dies einen spektakulären Effekt für jeden Bahnreisenden. Nur eben: Der Dom ist dadurch schwarz geworden. Man könnte auch sagen: schmutzig. Und das in Deutschland, dem Land, das von vielen ausländischen Touristen doch besonders für seine Sauberkeit geschätzt wird!
Die Frage ist also: Warum wird der Dom nicht abgespritzt, abgelasert oder was auch immer? Darauf hat Dombaumeister Füssenich zwei Antworten parat. Erstens: zu teuer. Denn es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Kölner Dom und allen anderen Kirchen: Nur er ist dermaßen dicht mit Skulpturen und Türmchen überbaut, dass es unglaublich aufwendig wäre, ihn komplett zu säubern.
Die zweite Antwort lautet: Würde man den Dom von oben bis unten abstrahlen, wäre das Endergebnis ziemlich scheckig. Denn der Dom besteht aus unterschiedlichen Steinsorten in recht verschiedenen Farbabstufungen. Nur dank der schwarzen Patina fällt das nicht so auf.
Also bleibt der Dom schwarz. Was die Kölner halb so schlimm finden. Denn sie wissen: Der Dom kann die Farbe wechseln. Wenn ihm die Scheinwerfer nach Einbruch der Dämmerung sein blasses Nachtkleid überziehen, leuchtet er silbern. Eine warme Nachmittagssonne kann ihn vergolden. Und dann steht der Kölner da und denkt: „Dat jibbet doch gar nit, wie schön der widder ussieht!“