Panorama Warum die Kuschel-Justiz keine ist

Sex-Täter belästigte 16-Jährige nachts im Bahnhof. Er bekam am Mittwoch eine Bewährungsstrafe. Der Amtsrichter fand klare Worte, warum er das richtig findet.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. In den vergangenen Wochen gab es viel Empörung über die vermeintliche Kuschel-Justiz , nachdem die ersten Prozesse wegen der Sex-Attacken in der Kölner Silvesternacht mit milden Urteilen zu Ende gingen. Am Mittwoch verurteilte der Düsseldorfer Amtsrichter Thomas Menke einen Asylbewerber aus dem Irak zu einer Haftstrafe von 20 Monaten, die er allerdings zur Bewährung aussetzte. In seinem Urteil fand der Jurist deutliche Worte dafür, warum er das absolut richtig findet.

Der Fall hatte überregional für Aufsehen gesorgt. Auf einem Bahnsteig des Düsseldorfer Hauptbahnhofes hatte ein 22-jähriger Iraker eine damals noch 15 Jahre alte Schülerin angesprochen. Obwohl das Mädchen sich wehrte, zwang der Mann sein Opfer zu einem Zungenkuss. Außerdem begrapschte der Angeklagte das Mädchen an der Brust. Erst nach heftiger Gegenwehr konnte sich die Jugendliche befreien. Der 22-Jährige wurde wenig später festgenommen und saß seitdem in Untersuchungshaft.

Beim Prozess am Mittwoch stellte sich heraus, dass Muhammed A. erst im Herbst vergangenen Jahres über die Balkan-Route nach Deutschland eingereist war. Allerdings unter falschem Namen, denn vor fünf Jahren hatte der Iraker bereits einen Asylantrag in Schweden gestellt, war danach aber wieder in seine Heimat zurückgekehrt. „Ich habe dort als Soldat gegen IS gekämpft“, sagte der 22-Jährige. Dann sei er aber vor dem Krieg geflohen.

Muhammed A. räumte alle Vorwürfe ein und entschuldigte sich bei dem Opfer. Der 16-Jährigen blieb damit eine Aussage erspart. Aufnahmen aus den Überwachungskameras zeigten, dass sich Opfer und Täter zunächst normal unterhalten hatten, bevor es zu den Übergriffen kam. Weil der 22-Jährige nicht vorbestraft ist und schon mehrere Monate Haft hinter sich hat, wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Das begründete Menke ausführlich in seinem Urteil. Es sei sehr schwierig, die Täter aus der Kölner Silvesternacht zu ermitteln, so gerne man diese auch zur Rechenschaft ziehen würde. Wenn man — wie in dem Fall — einen Angeklagten ermittelt habe, dürfe es allerdings nicht sein, ihn stellvertretend „an einem Baum aufzuhängen“ und ein „dem Pöbel gefälliges Urteil zu fällen.“ Stattdessen seien andere für die Situation verantwortlich: „Es ist nicht Aufgabe der Strafjustiz, Versäumnisse von Innenministern und Verwaltungsbehörden aufzufangen.“