Digitalisierung Warum Roboter künftig zum Pflege-Alltag gehören werden
Beim Einsatz von Robotern zur Betreuung von Senioren ist Japan schon viel weiter. Aber: Bis 2030 fehlen in Deutschland 500 000 Pfleger.
Düsseldorf. Roboter in der Altenpflege — das ist in Deutschland Zukunftsmusik, in Japan Alltag. Schon 2009 kamen hier die ersten Pflege-Roboter auf den Markt. Mittlerweile ist von etlichen Modellen die dritte oder vierte Generation im Einsatz.
Die Maschinen unterhalten die Senioren, überwachen die Einnahme von Medikamenten, helfen beim Aufstehen oder verhindern Stürze — unterschiedliche Modelle, unterschiedliche Fähigkeiten. Fünf bis zehn Jahre sei uns die asiatische Industrienation damit voraus, schätzt Professor Rainer Wieching. Im Rahmen seiner Forschung zur Robotik in der Pflege an der Uni Siegen steht er in regem Austausch mit japanischen Forschern. Spätestens in den 2020er-Jahren würden Roboter auch in deutschen Seniorenheimen zum Alltag gehören. Die Experimente mit dem Einsatz von Roboter Pepper zur Betreuung seien nur der Anfang.
Dass in Japan Roboter alltäglicher sind, hat einen pragmatischen Hintergrund: Kein anderes Industrieland altert so schnell wie Japan. Im Mai 2017 erreichte der Arbeitskräftemangel den höchsten Stand seit 1974: Auf 100 Arbeitssuchende kamen 149 Stellenanzeigen, berichtet das Fachmagazin Japanmarkt. In einem Feature zum Thema Pflege-Roboter rechnete die Wochenzeitung „Die Zeit“ schon 2017 vor, dass bis 2025 in Japan eine halbe Million menschliche Pfleger fehlen würden. Die Hilfe von Robotern diene also nicht nur der Senkung von Kosten — sondern sei nötig für den Fortbestand des Gesundheitswesens. Für Deutschland prognostiziert der Pflegereport 2030 der Bertelsmann-Stiftung eine ähnlich große Versorgungslücke: Ebenfalls etwa 500 000 Pfleger würden in zwölf Jahren fehlen, „wenn sich die bisherigen Trends fortsetzen“.
Die technikverliebten Japaner tun sich leichter damit, Robotern zu vertrauen: Sie billigen auch technischen Dingen eine Seele zu, so Wieching. Roboter würden eher als Partner wahrgenommen. In Deutschland hingegen überwiege oft Skepsis.
Aber auch hier sind Dinge in Bewegung: So ist der Kuschelroboter „Paro“ bereits in etlichen Altenheimen zur Betreuung von Demenzpatienten im Einsatz. Paro hat die Form einer Robbe, große Augen, ein flauschiges Fell. Er wurde in den 90er Jahren in Japan entwickelt, seit 2004 ist er auf dem Markt. Die Therapie-Robbe dient als Tier-Ersatz. Größter Unterschied zum lebendigen Wesen: Paro passt sich den Bedürfnissen des Patienten vollständig an. Denn der Roboter hat keinen eigenen Willen. Im Gegensatz zu einem Hund oder einer Katze.