Was das Kostüm über den Träger sagt
Essen (dpa/tmn) - Zeig mir, was du kaufst, und ich sage dir, wer du bist. Ein Psychologe geht noch weiter: Seiner Ansicht nach tragen die Menschen ihren Charakter selten so offen zur Schau wie an Karneval.
Das Kostüm als Spiegel der Seele?
An Karneval darf jeder das sein, was ihm der Alltag sonst nicht gestattet. „Die Kostüme zeigen die Sehnsüchte, die wir im Alltag nicht ausleben können“, sagt der Psychologe und Motivationsexperte Rolf Schmiel. Eine Verkleidung könnte der Mensch nutzen, um sich zu verstecken. Aber er macht das Gegenteil. Das hat Schmiel vor einigen Jahren in einer Studie ermittelt. So kann man vom Kostüm durchaus auf den Charakter des Trägers schließen. Er erklärt, wer hinter welcher Maske steckt - natürlich ohne Gewähr.
Niedlich und hübsch: Vor allem Frauen verkleiden sich an Karneval gern als süßes Kätzchen, als Häschen oder als schöne Prinzessin. Solange sie dabei nicht den Fokus auf ihre weiblichen Reize legen, drücken sie laut Schmiel mit ihrem Kostüm meist den Wunsch aus, beschützt zu werden, eine Sehnsucht nach Zuwendung. „Sie wollen wohlwollende Aufmerksamkeit“, erklärt der Psychologe. „Das niedliche Kätzchen ist im Alltag oft überfordert, die Prinzessin fühlt sich zu wenig hofiert.“ Es gibt übrigens auch das männliche Pendant: das Babykostüm.
Sexy: Legt die Trägerin den Fokus dagegen nicht auf Schönheit, sondern auf Sinnlichkeit, ist sie sich vermutlich im Alltag ihrer Sexiness nicht ganz sicher. „Das sind oft Frauen, die ihren Marktwert noch einmal testen wollen, weil sie in selbigem verunsichert sind“, erklärt Schmiel. Männer versuchten dagegen seltener, an Karneval besonders sexy zu wirken.
Witzig: Ihre Domäne sind eher die witzigen Kostüme. Ein Mann im „Baywatch“-Badeanzug oder im Bierflaschenkostüm will auf Teufel komm raus Humor beweisen. „Das sind oft die Typen, die im Büro ständig lustige Sprüche bringen, über die aber niemand lacht“, beschreibt Schmiel diesen Typus Mann. Menschen mit eher plump-lustigen Kostümen seien applausheischend. Es gebe aber auch die kreativ-lustigen Kostüme, etwa einen Mann, der im Wind steht, mit abstehendem Mantel und Sturmfrisur. Bei ihm sagt das Kostüm das genaue Gegenteil aus: Er ist auch im Alltag kreativ und humorvoll.
Hässlich: Der Hässliche beweist Mut. Wer an Karneval einen interessanten Menschen kennenlernen will, sollte nach den hässlichen Kostümen Ausschau halten, rät Schmiel. „Denn da steckt meist viel dahinter.“ Wer sich bewusst hässlich macht - die Hexe mit Warze, Buckel und krummer Nase oder der Zombie mit den blutigen Schwielen - hat nach Schmiels Einschätzung eine starke Persönlichkeit. „Der hat wirklich Spaß am Albernsein, der steht häufig über den Dingen, der kann damit leben, wenn er polarisiert.“
Klassisch: Piraten, Cowboys oder Clowns sind Langweiler - jedenfalls theoretisch. „Einmal gekauft, für immer vertraut“, sagt Schmiel. Wer jedes Jahr mit seinem Standardkostüm zum Umzug geht, ist wenig kreativ oder gar ängstlich: Er wagt es nicht, aus dem Gewohnten auszubrechen.