Chronologie Was im Mordfall Nicky Verstappen bisher geschehen ist

Vor 20 Jahren verschwand der elfjährige Nicky Verstappen in der Brunssumer Heide. Seitdem versuchte die Polizei immer wieder, den Täter zu ermitteln. Jetzt ist ein Mann festgenommen worden. Eine Chronologie der Ereignisse.

Im August 1998 verschwindet der elfjährige Nicky Verstappen in der Brunssumer Heide.

Foto: Leah Hautermans/Polizei NL

Der elfjährige Nicky Verstappen aus Heibloem verschwindet am 10. August 1998 während eines Sommercamps in der Brunssummerheide. Einen Tag später wird sein Leichnam abends in einem Tannenwald nur 1200 Meter entfernt gefunden. Die Beweisaufnahme ist aufwändig, viele Polizisten sind im Einsatz, die niederländische Marechaussee bewacht den Fundort.

Um halb eins in der Nacht zum 12. August hält sie einen Fahrradfahrer an: Jos B., geboren in Venlo, wohnhaft in Simpelveld. Er sei Mitglied der Pfadfinder und unterwegs, um deren Briefe zuzustellen; tagsüber sei es ihm zu warm gewesen. Die Marechaussee notiert den Vorfall und lässt ihn gehen.

In den nächsten Jahren stocken die Ermittlungen im Mordfall Nicky. Polizei und Familie machen sich gegenseitig Vorwürfe. Im Mai 2001 wird der Fall neu aufgerollt, mögliche Zeugen werden aufgerufen, darunter auch Jos B.. Er wird zweimal verhört, wird aber nicht verdächtigt, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Zu dieser Zeit ist laut der limburgischen Polizeichefin Ingrid Schäfer-Poels bereits bekannt, dass B. 1985 in ein Sexualstrafverfahren verwickelt war. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt.

Im August 2008 gelingt es den Ermittlern dank neuer Techniken aus den Spuren, die auf Nickys Kleidung gefunden wurden, ein vollständiges DNA-Profil zu erstellen. Experten gehen davon aus, dass der Mörder wahrscheinlich in der Nähe des Tatorts wohnt, vermutlich südlich der Brussummerheide. Im März 2010 werden 107 Männer dazu aufgefordert, freiwillig einen Gentest zu machen. B. ist anfangs dabei, wird aber aussortiert, weil die Kosten zu hoch sind und er von der Polizei in den vergangenen Ermittlungen lediglich als Passant eingestuft wurde. Die Untersuchungen führen zu keinem Ergebnis.

Der Mordfall Nicky Verstappen
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2015 kann die sichergestellte DNA erstmals für einen Abgleich mit Verwandten genutzt werden. Mit der neuen Technik können Familienmitglieder eines möglichen Täters gesucht werden. Es ist die letzte Chance, um einen Durchbruch im Mordfall Nicky zu erzielen, sagen Polizei und Staatsanwaltschaft.

Im Februar 2018 startet die größte DNA-Untersuchung, die es je in den Niederlanden gegeben hat. Sie ist jahrelang vorbereitet worden, mehr als 21.500 Männer werden dazu aufgerufen, an dem DNA-Massentest teilzunehmen. Gut 14.000 geben ihre DNA-Proben ab, die Spuren werden mit 270.000 Profilen der nationalen Datenbank abgeglichen — ohne eine Übereinstimmung.

Bereits vor dieser Aktion werden 1500 Männer, die im August 1998 in der Gegend der Brunssummerheide wohnten, sowie die Leiter des Feriencamps angeschrieben, um an dem DNA-Abgleich teilzunehmen — darunter auch Jos B.. Er reagiert nicht auf die Aufforderung. Die Polizei versucht zwei Mal, ihn persönlich anzutreffen, steht jedoch vor verschlossener Tür. Auf einen weiteren Brief reagiert er nicht. Im Januar 2018 plant B. eine dreiwöchige Tour durch die Vogesen. Ein Familienmitglied teilt der Polizei mit, dass der Gesuchte in Frankreich sei und sich im März melden würde.

Am 19. Februar schickt Jos B. seine letzte SMS an seine Schwester ab, in der er mitteilt, dass er am nächsten Tag zu seiner Bushcrafting-Tour aufbrechen wolle. Bushcrafting ist eine zunehmend beliebte Art, in der Natur zu leben und zu überleben. Im April meldet seine Schwester ihn als vermisst, zuletzt sei er im Chalet „Old Crow“ in den Vogesen gesehen worden. Die Vermisstenmeldung erreicht das Ermittlerteam des Falls Nicky Verstappen, woraufhin das Chalet durchsucht wird. Die Polizisten stellen fest, dass B. Vorbereitungen getroffen hat, um eine lange Zeit unauffindbar zu sein; er soll seine Spuren verwischt haben. Objekte aus seinem Besitz werden auf DNA-Spuren untersucht, auch von zwei Verwandten werden Proben entnommen. Am 8. Juni sind sich die Ermittler sicher: Die DNA von Jos B. stimmt mit der gefundenen Spur auf der Kleidung von Nicky überein.

Einen Tag später erfährt Nickys Familie, dass es nach 20 Jahren einen Namen für den mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes gibt. Am 12. Juni wird der europäische Haftbefehl gegen den 55-jährigen Jos B. ausgegeben — wegen des Verdachts auf Mord, Freiheitsberaubung und eines Sexualdelikts.

Doch die normalen Ermittlungen liefern keine Resultate, B. ist unauffindbar. Die Polizei teilt daher am 22. August der Öffentlichkeit die Ermittlungsergebnisse mit und bittet um ihre Mithilfe. Die Öffentlichkeitsfahndung wurde seitdem in viele verschiedene Sprachen übersetzt, international wird über den Fall berichtet.

Die Polizei bekam mehr als 1000 Hinweise bekommen. Am Sonntag (26. August) teilen die Ermittler dann mit, das der Verdächtige B. in Spanien gefasst werden konnte. Im September 2018 begann der Prozess in Maastricht. Jos B. bestreitet die Tat. Am 27. August 2019 findet eine Begehung des Fundorts der Leiche in der Brunssummerheide statt.