Festnahme Mordfall Nicky Verstappen: Das sagt die spanische Polizei über den Verdächtigen

20 Jahre nach dem Mord an einem Elfjährigen in den Niederlanden ist ein Tatverdächtiger in der Nähe von Barcelona festgenommen worden. Die spanische Polizei beschreibt ihn als "Überlebensexperten". Ein Video zeigt die Festnahme.

Fahndungsbilder des Gesuchten waren auch in Spanien veröffentlicht worden.

Foto: Leah Hautermans/Polizei NL

Barcelona. Er war einer der meistgesuchten Männer der Niederlande. Am Sonntagabend wurde Jos B. von einem Sondereinsatzkommando der Polizei in Nordspanien in einem Waldgebiet festgenommen. Der 55-jährige Holländer steht unter Verdacht, vor 20 Jahren den 11-jährigen Nicky Verstappen in einem Zeltlager nahe der deutsch-niederländischen Grenze missbraucht und anschließend umgebracht zu haben.

Die Polizei hatte den Mann schon seit Monaten unter Verdacht. Doch erst vergangene Woche gewannen die holländischen Ermittler die weitgehende Gewissheit, dass sich der mutmaßliche Täter im europäischen Ausland aufhalten könnte und schrieben ihn deswegen über Interpol zur Fahndung aus.

Die Fahndungsbilder, die auch in spanischen Medien veröffentlicht wurden, brachten schließlich den entscheidenden Hinweis: Ein holländischer Landsmann war dem Gesuchten in einem Wald rund 50 Kilometer nördlich der Stadt Barcelona begegnet und alarmierte die Polizei.

Diese rückte am Sonntagnachmittag mit einem schwerbewaffneten Spezialkommando an und nahm den Mann fest. Wir die spanische Polizei mitteilte, wurde der Gesuchte in der Nähe des kleinen Bergdorfes Castellterçol aufgespürt, wo er offenbar in einem abgelegenen Haus untergekommen war. Die Beamten fassten zu, als er das Haus verließ und zum Holzhacken gehen wollte.

Der Mordfall Nicky Verstappen
9 Bilder

Der Mordfall Nicky Verstappen

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Die spanische Polizei bezeichnete den Mann als „Überlebensexperten“, der daran geübt gewesen sei, wochenlang in Höhlen, Zelten und anderen Zufluchtsorten in der Natur zurechtzukommen. Er sei ein erfahrener Bergsteiger gewesen, der Trekking-Touren durch Nepal, Indien und Pakistan gemacht und sogar den Mount Everest bestiegen habe.

Den spanischen Angaben zufolge war Jos B. bereits seit Monaten auf der Flucht und sei dabei durch Europa gereist. Unter anderem habe man seine Spuren in Frankreich gefunden. Dabei sei er offenbar vorzugsweise in abgelegenen Landhäusern abgestiegen, in denen er zuweilen auch — als Gegenleistung für Essen und ein Bett — gearbeitet habe.

Das Opfer, der 11-jährige Nicky Verstappen, war in der Nacht vom 9. zum 10. August 1998 aus seinem Zelt in einem Pfadfinderlager in dem holländischen Naturpark Brunssummerheide verschwunden. Ein Tag später wurde etwa einen Kilometer entfernt der Leichnam entdeckt. Der Körper wies Spuren einer gewaltsamen Tötung und eines sexuellen Missbrauchs auf. Auch DNA-Spuren eines Mannes wurden gefunden, die aber zunächst keiner Person zugeordnet werden konnten.

Erst nach dem größten Massen-Gentest in der Kriminalgeschichte der Niederlande, der im vergangenen Jahr durchgeführt wurde, fiel der Verdacht auf Jos B. Die Polizei hatte in einem Radius von fünf Kilometern um den Tatort rund 15.000 Männer, die dort zum Tatzeitpunkt wohnten oder sich in der Nähe aufhielten, zum Gentest gebeten. Auch Jos B. bekam eine Test-Aufforderung der Polizei, doch er meldete sich nicht. Daraufhin geriet er ins Visier der Fahnder, die ihn nun in Spanien stellen konnten.