Leinwandheld Weltstar und Weltenbummler - Hardy Krüger mit 93 Jahren gestorben

Hamburg/Palm Springs · „Ich habe mir eine Karriere aufgebaut, durch die Filme, die ich nicht gemacht habe“, sagte Hardy Krüger, der am Mittwoch im Alter von 93 Jahren gestorben ist, einmal. Dem Schauspieler gelang, was nur wenige seiner deutschen Kollegen geschafft haben.

Leinwandheld Hardy Krüger ist mit 93 Jahren gestorben.

Foto: dpa/Susann Prautsch

Auf der Leinwand war er Großwildfänger und Offizier, Naturbursche und Sonnyboy - unter den deutschen Schauspielern einer der wenigen Weltstars. Der Blonde mit den blauen Augen und dem markanten Gesicht stand in Hollywood mit Kollegen wie James Stewart, Claudia Cardinale oder Sean Connery vor der Kamera. Er drehte mit Regisseuren wie Stanley Kubrick, Richard Attenborough und Laurence Olivier. Erst legte Hardy Krüger eine rasante Karriere im Nachkriegsdeutschland hin, dann war er als „German Hero“ und Frauenschwarm ein international gerngesehener Leinwandheld. Im Alter von 93 Jahren starb er am Mittwoch in seiner Wahlheimat Palm Springs, wie seine Agentur unter Berufung auf seine Ehefrau am 20. Januar mitteilte.

„Eberhard Glückspilz kommt nach Hollywood“ - so hatte es der als Franz Eberhard August Krüger geborene Berliner mal rückblickend beschrieben. Ein „wunderschönes Leben“ habe er gehabt, fand er selbst und blieb bis ins hohe Alter „neugierig und hungrig“ auf noch mehr. Auch wenn er die Hauptstadt immer wieder als sein wirkliches Zuhause („Meine Heimat ist Berlin, hier will ich auch beerdigt werden“) bezeichnete, pendelte er lange Zeit seines Lebens zwischen Hamburg und Kalifornien. Der „Weltenbummler“ war er nicht nur im Fernsehen, für das Krüger als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller der gleichnamigen Reihe spektakuläre Gegenden besuchte.

Hinaus in die Welt ging es für den jungen Hardy, bei Kriegsende gerade 17 Jahre alt, schon früh: Im Alter von 15 Jahren war der Sohn Hitler-begeisterter Eltern für den NS-Film „Junge Adler“ entdeckt worden, nach dem Krieg versuchte er in Hamburg sein Glück als Schauspieler. Ihm gelang eine Karriere auf deutschen Bühnen und als ewiger Sonnyboy in deutschen Unterhaltungsfilmen. Aber er paukte auch fleißig Englisch-Vokabeln und arbeitete an seinem deutschen Akzent. Als er in der britischen Produktion „Einer kam durch“ (1956) die Hauptrolle als deutscher Fliegeroffizier Franz von Werra übernahm, schaffte er auch international den Durchbruch.

In der englischen Presse wurde Krüger zum Botschafter seines Landes und in Hollywood öffneten sich die Türen. Krüger drehte mit John Wayne („Hatari!“, 1962) und mit James Stewart und Peter Finch („Der Flug des Phoenix“, 1965). In rund 75 Filmen war er Hauptdarsteller, neben Abenteuerrollen oft auch aufrechte Offiziersfiguren darunter. Zu einem Freund wurde ihm der französische Chansonnier Charles Aznavour seit dem gemeinsamen Antikriegsfilm „Taxi nach Tobruk“ (1960). „Auf Hardy kann man sich bedingungslos verlassen“, sagte Aznavour mal. Auch mit Catherine Deneuve, Yul Brynner, Orson Welles und Richard Burton stand Krüger vor der Kamera.

1963 erhielt die französische Produktion „Sonntage mit Sybill“ einen Oscar - „dass ihr Hauptdarsteller Hardy Krüger nicht nominiert war, lag an Hollywoods damaliger notorischer Scheu vor ausländischen Schauspielern“, schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, als sie ihn zum 80. Geburtstag würdigte. Sie erinnerte auch an die Frage, die Krüger in seiner Karriere immer wieder gestellt wurde: „Sind Sie Deutscher?“ Sein „arisches“ Aussehen hätte dem Schauspieler zum Verhängnis werden können, habe Hollywood ihm doch immer wieder Nazi-Rollen angetragen - aber „Krüger wendete sie zu Charakterstudien“.

Mit seiner Rollenauswahl schaffte er es, das negative Klischee des „hässlichen Deutschen“ auf der Leinwand zu überwinden. Und ihm gelang der Sprung vom ewigen Lausbub mit Strahleaugen aus lockeren Publikumsschlagern wie „Das Mädchen aus der Südsee“ (1950) zum ernstzunehmenden Charakterdarsteller wie in Helmut Käutners moderner „Hamlet“-Version „Der Rest ist Schweigen“ (1959). „Ich habe mir eine Karriere aufgebaut, durch die Filme, die ich nicht gemacht habe“, sagte er selbst. Er habe sehr sorgfältig ausgewählt, mit welchen Filmemachern er arbeite - „dadurch war ich in der Nähe der besten Regisseure“.

Doch als aus dem Weltstar im Fernsehen der „Weltenbummler“ wurde, brach die internationale Karriere ab. „Sie können nicht ungestraft von Hollywood zehn Jahre lang wegbleiben“, sagte Krüger später. Gemeint war jene Zeit, als er mit persönlichen Reisetagebüchern das Fernsehpublikum faszinierte: Im TV erzählte er von 1987 bis 1995 für die ARD als „Weltenbummler“ von seinen Reisen. Außerdem schrieb der begeisterte Hobby-Flieger das Buch „Eine Farm in Afrika“. Krüger, der die „Hatari!“-Farm gekauft hatte, lebte lange in Tansania und ging mit seiner „Momella Game Lodge“ bitter pleite.

An die „Hatari!“-Dreharbeiten mit John Wayne erinnerte er auch gern mit einer Anekdote in einem seiner Bücher: „Bottoms up!“ - mit diesem Trinkspruch prostete Wayne ihm damals zu. Dabei war Krüger vor ihm gewarnt worden: „Trink niemals mit dem Mann. Und rede mit ihm nicht über Politik.“ Doch als er ihm gegenüberstand, kündigte Wayne sofort an: „Kid, wir heben nachher einen an der Bar.“ Krüger konnte sich noch mit drei Löffeln Maisöl präparieren und den „Brandy. Französisch. Dreistöckig“ auf einen Doppelten herunterhandeln, bevor es ernst wurde - und schließlich der junge Deutsche den US-Star unter den Tisch trank.

Seinen Memoiren „Wanderjahre“ folgten weitere Bücher wie „Zarte Blume Hoffnung“, nach langer Pause war er 2011 auch wieder in einem TV-Drama („Familiengeheimnisse“) zu sehen. Dreimal war Krüger verheiratet, seit 1978 mit Anita Krüger. Zwei seiner drei Kinder traten als Schauspieler in seine Fußstapfen.

Krüger selbst engagierte sich derweil für ein anderes Projekt: Wenige Tage vor seinem 85. Geburtstag startete er eine Initiative gegen rechte Gewalt. Bei ihm waren es die Schauspieler Hans Söhnker und Albert Florath, die seine Ansichten radikal veränderten. „In einem halben Jahr haben sie es geschafft, aus dem Adolf-Hitler-Schüler einen Anti-Nazi zu machen“, sagte er damals bei der Vorstellung des Projektes in Hamburg. Auch in seinem letzten Buch, „Was das Leben sich erlaubt - Mein Deutschland und ich“, nimmt er sich des Themas erneut an und erzählt von seinem Aufwachsen in NS-Deutschland.

Seine damaligen Co-Autoren sowie Agenten, Olaf Köhne und Peter Käfferlein, schrieben in der Mitteilung zum Tod Krügers am Donnerstag: „Der Schauspieler, Schriftsteller und Weltenbummler engagierte sich zeitlebens gegen das Vergessen der Naziverbrechen. Der Kampf gegen Rassismus und die Aufklärung der Jugend waren sein persönliches Lebenswerk. Seine Herzenswärme, seine Lebensfreude und sein unerschütterlicher Gerechtigkeitssinn werden ihn unvergessen machen.“

(dpa)