Wende im Peggy-Prozess: Freispruch für Ulvi K. rückt näher

Bayreuth (dpa) - Im neuen Mordprozess um die seit 13 Jahren spurlos verschwundene Peggy aus Oberfranken kann der angeklagte Ulvi K. auf einen Freispruch hoffen. Das Landgericht Bayreuth beendete die Beweisaufnahme vorzeitig.

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„Bis zum heutigen Tag ist kein einziger Sachbeweis für das damalige Geständnis von Ulvi K. gefunden worden“, sagte der Vorsitzende Richter Michael Eckstein. Das Urteil soll am 14. Mai bekanntgegeben werden. Anwalt Michael Euler rechnet mit einem Freispruch für seinen Mandanten, der geistig behindert ist.

DER FALL: Peggy wird seit dem 7. Mai 2001 vermisst, eine Leiche der damals neun Jahre alten Schülerin wurde nie gefunden. Als ihr Mörder wurde im April 2004 in einem Indizienprozess Ulvi K. zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Landgericht Hof sah es damals als erwiesen an, dass der heute 36-Jährige die Schülerin in Lichtenberg tötete, um einen einige Tage vorher an ihr begangenen sexuellen Missbrauch zu vertuschen.

DIE WIEDERAUFNAHME: In dem neuen Prozess ging es vor allem um die Frage, wie glaubhaft die Angaben des Angeklagten vor zwölf Jahren waren. Sie ähnelten der vermuteten Tatversion der Polizei auffällig. Das wurde aber erst Jahre später bekannt. Genau deswegen wird der Fall neu aufgerollt.

DIE WENDE: Einziges Beweismittel ist ein Geständnis von Ulvi K., das er im Juli 2002 ablegte, aber später widerrief. Der psychiatrische Sachverständige schließt nicht mehr aus, dass der Angeklagte ein falsches Geständnis abgegeben hat. „Das ist ein wichtiger Punkt“, sagte der Richter. Beim ersten Prozess im Jahr 2004 hatte sich der Psychiater noch anders geäußert.

PARALLELE ZU MOLLATH: Ulvi K. hat immer wieder betont, nicht der Mörder der kleinen Peggy zu sein. Er sah sich - wie der Nürnberger Gustl Mollath, der im August 2013 aus der geschlossenen Psychiatrie freigelassen wurde - als Opfer der bayerischen Justiz. Die Unterstützer von Ulvi K. begrüßten den Gastwirtssohn aus Lichtenberg zu Beginn jedes Verhandlungstages mit Applaus.

NEUE ERMITTLUNGEN: Seit Sommer 2012 wird im Fall Peggy neu ermittelt. Der Vorsitzende Richter Eckstein wies am Mittwoch auch auf einen Schülerlotsen hin, der Peggy nach dem angeblichen Zeitpunkt ihrer Ermordung noch im Ort gesehen haben will. Zudem gebe es mittlerweile drei weitere Tatverdächtige, sagte Eckstein.

TATVERDÄCHTIGE: Eine Spur brachte die Polizei auf einen Mann aus Halle in Sachsen-Anhalt. Der 29-Jährige, ein ehemaliger Bekannter von Peggys Familie, sitzt wegen sexuellen Missbrauchs seiner Tochter in Haft. Er habe eingeräumt, sich auch an seiner Nichte mehrmals vergangen zu haben, gab ein Polizeibeamter an. Auffällig daran ist, dass die Nichte im gleichen Haus wie Peggy wohnte und der Missbrauch wenige Wochen vor Peggys Verschwinden stattfand. Der Mann habe die Taten gestanden, streite aber vehement ab, etwas mit dem Fall Peggy zu tun zu haben, sagte der Beamte. In der Haftzelle des 29-Jährigen fanden Polizisten ein Foto von Peggy.

Zum Kreis der Tatverdächtigen zählen außerdem der Halbbruder des Mannes und ein Lichtenberger, der bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt wurde.