Comeback von „Wetten, dass...?“ Eine kleine Pause den Abgekämpften
Meinung · Das Comeback von „Wetten, dass...?“ sorgte für mehr Aufruhr als erwartet. Doch die Show ist viel mehr als nur Unterhaltung. Sie zeigt, dass es über all die gesellschaftlichen Verwerfungen und Polarisierungen der jüngeren Vergangenheit eine wachsende Sehnsucht nach Symbolen des Zusammenhalts gibt.
Als der TV-Showmaster-Darsteller Markus Lanz 2014 das ZDF-Flaggschiff „Wetten, dass...“ in die ewigen Jagdgründe moderierte, endete er mit dem Satz: „Das Leben geht weiter. Wetten, dass?“ So war es tatsächlich. Aber es fehlte auch etwas. Vor allem die Erinnerung an ein wärmendes gesellschaftliches Lagerfeuer, auf das sich so viele Menschen wenige Male im Jahr am Samstagabend verständigen konnten. Diese deutsche Grundhaltung erfüllte Lanz im Gegensatz zu Thomas Gottschalk zwar schon lange nicht mehr, der Gedanke daran aber blieb golden. Was mit der gesellschaftlichen Realität danach zu tun hatte: Geflüchteten-Debatte, grassierende Individualisierung, ein überdimensioniertes Unterhaltungsangebot mit neuer Sparten-Gesellschaft: Jeder verzieht sich – auch politisch – in seine Ecke. Dem Gemeinsinn ein Ende. Und dazu noch Corona.
Das TV-Comeback von „Wetten, dass...“ wird dem allem nicht entgegen wirken können. Trotzdem lieferte das vertraute Unterhaltungsmiteinander mit echtem Staraufgebot um Helene Fischer, Abba und Udo Lindenberg mitsamt dem gelassen alternden Gottschalk Zahlen und positive Aufregung, die an die alten Zeiten erinnerten: 13,8 Millionen TV-Zuschauer, dazu eine gewaltige „Second-Screen-Diskussion“ in den Sozialen Medien, die sich wahlweise an Gottschalks Witz erfreute oder sich über manchen Altherren-Spruch mokierte. Nur egal war es wenigen.
Wann gab es das zuletzt? Klar ist an diesem Samstagabend zumindest geworden, dass es über all die gesellschaftlichen Verwerfungen und Polarisierungen der jüngeren Vergangenheit eine wachsende Sehnsucht nach Symbolen des Zusammenhalts gibt – und nach einer Pause für eine malträtierte Gesellschaft, die sich an ihrer eigenen Spaltung müde gekämpft hat. Gottschalk selbst hatte solches Wirken zuletzt ganz gut erklärt, als er davon sprach, die „Grautöne“ zu vermissen, die einem vor dem nächsten Tiefschlag Raum verschaffen. „Die Guten gegen die Bösen. Woke oder tot. Die Aufgewachten gegen die Entschlafenen“, sagte Gottschalk. „Dazwischen gibt es nichts.“ Vielleicht gefällt das tatsächlich weniger Menschen, als man annehmen musste.