Hoffen auf das Knut-Wunder Wieder Eisbär-Babys im Berliner Tierpark
Berlin (dpa) - Rosa Schnäuzchen und süße Schlappöhrchen: Noch sehen die neugeborenen Eisbär-Babys im Berliner Tierpark aus wie zu groß geratene Meerschweinchen. Doch wenn die kleinen Tiere überleben, haben sie das Zeug zu Stars in der Hauptstadt.
Fast genau zehn Jahre nach der Geburt des legendären Eisbären Knut im Berliner Zoo gibt es in Berlin endlich wieder schneeweißen Nachwuchs. Es sieht gut aus. Mutter Tonja kümmert sich in ihrer Brutbox liebevoll um ihre Jungen. Am Donnerstag hat sie die Zwillinge zur Welt gebracht. Doch erst in zwei Wochen werden die Pfleger wissen, ob die noch blinden und tauben rund 30 Zentimeter langen Bündel eine Chance haben. Denn darüber entscheidet immer noch Mutter Natur.
Eisbären und Berlin - das ist seit Dezember 2006 eine tragisch-schöne Geschichte. Damals gab es weiße Bären-Zwillinge im Zoo im Westen der Stadt - das erste Mal nach 33 Jahren Pause. Es überlebte nur Knut, doch seine Mutter nahm ihr Baby nicht an. Als es Pfleger Thomas Dörflein gelang, das Fellknäuel erfolgreich mit der Flasche aufzuziehen, begann im März 2007 der Knut-Hype: Der knuddelig-tapsige Bär eroberte als Symbol für bedrohte Arten die Herzen. Elf Millionen Menschen kamen zum „Knutgucken“.
Der Zoo verdiente mit Eintritt und Merchandising dringend nötige Millionen und der Berliner Bär wurde zum Synonym für seine Art: Kleine Kinder sagten bald „Knut“, wenn sie Eisbären meinten. Der Fanclub verfolgte bei dem Bären alles, als ob es sich um ein gekröntes Haupt in bunten Blättern handelte: Knut beim Tauchenlernen, Knuts Flegeljahre, Knuts erste Freundin.
Doch dann trieb der fünf Jahre alte Eisbär im März 2011 plötzlich tot im Wassergraben, eine Gehirnentzündung war Schuld. Der Eisbär bekam in den Medien Nachrufe wie ein Promi und ist nun ausgestopft im Naturkundemuseum nahezu unsterblich. Sein nicht weniger bekannter Pfleger war schon 2008 mit Mitte 40 an einem Herzinfarkt gestorben.
Nun gibt es wieder Hoffnung, dass Berlin - mit dem Bär als Wappentier - eine Neuauflage des schönen Teils der Eisbär-Story erlebt. Auch wenn Zoo- und Tierparkdirektor Andreas Knieriem die Enthusiasten zu bremsen versucht. „Die Jungtiersterblichkeit bei Eisbären liegt bei etwa 50 Prozent“, sagt er. „In den ersten 10 Tagen ist sie besonders hoch.“ Dazu hat Eisbärin Tonja, gebürtige Moskauerin, mit sechs Jahren das erste Mal Junge bekommen. Noch ein Risiko mehr.
Eisbärvater Wolodja, der im kühlen November im Außengehege ganz in seinem Element ist, stammt auch aus dem Moskauer Zoo. Zu seiner Eisbär-Dame darf er nicht mehr. Die Tierpfleger vermuteten schon länger, dass Tonja trächtig war und Ruhe brauchte. Doch so genau wusste das niemand. Eisbärbabys sind klein - und darum werden Eisbärmütter auch nicht kugelrund.
Für den Tierpark, der weit im Osten der Stadt liegt, ist es die erste Eisbären-Geburt seit 22 Jahren. Noch sieht alles gut aus. Tonja bleibt in ihrer Brutbox ganz nah bei ihren Zwillingen und wärmt sie. „Bislang stimmen uns alle Zeichen sehr optimistisch“, sagt Kurator Florian Sicks. Niemand wird die tierische Kleinfamilie in den nächsten Tagen stören. Der Tierpark hat der „Kinderstube“ absolute Ruhe verordnet.
Falls ein oder beide Jungtiere überleben, müssen sich die Eisbär-verrückten Berliner und Touristen allerdings gedulden. Vor dem Frühjahr kriechen die Tiere auch in freier Natur nicht aus ihren Bruthöhlen. Für den Sommer hat der Zoo aber schon eine weitere Neuigkeit verkündet. Nach langen Verhandlungen mit China soll es wieder zwei Panda-Bären geben. Auf die schwarz-weißen Bärchen mit ihren Kulleraugen sind die Berliner nicht minder versessen.